„Bei Unwissenheit schießen wir nicht gleich mit scharfer Munition“

Der Global Organic Textile Standard (GOTS) hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Öko-Siegel im Bereich der Kindermode etabliert. Claudia Kersten, Marketing- und Finanzdirektorin von GOTS, klärt über den Standard auf.

Claudia Kersten studierte Nachhaltigkeitsmanagement in Lüneburg. Seit 2010 ist sie für GOTS tätig, zunächst als Repräsentantin für die DACH-Länder und seit 2012 in der Geschäftsleitung als Marketing- und Finanzdirektorin.

Childhood Business: Welche Rolle spielt die GOTS-Zertifizierung in der Kindermode?
Claudia Kersten: Der Markt zeigt, dass Kinderbekleidung für uns ein sehr starkes Segment ist. Und hier insbesondere der Bereich Wäsche, weil das natürlich Textilien sind, die mit der Haut direkt in Kontakt kommen.

CB: Seit März 2017 gibt es die Version 5 des Standards. Welche Neuerungen bringt diese mit sich? 

CK: Jetzt sind auch Kombinationsprodukte wie Kinderwagen, Babybetten sowie Autositze und Möbel mit Polstern aus zertifizierten Stoffen zugelassen. Dafür gibt es auch ein Extra-Labeling, damit klar erkennbar ist, welche Komponente genau zertifiziert ist.

CB: Welchen Zuspruch erwarten Sie sich hier aus der Industrie? 

CK: Einen sehr großen, denn eine Revision ist ja auch immer ein Resultat aus den Stakeholder-­Eingaben. Das heißt, der Markt spiegelt uns den Bedarf. In den letzten Jahren wurde für Kombinationsprodukte großes Interesse ­sign­alisiert.
CB: Kleine Unternehmen wollen sich oftmals nicht zertifizieren lassen, weil sie denken, dass die Kosten so hoch wären. Ist dem so?

CK: Wir sind eine Non-Profit-Organisation in Form einer gemeinnützigen GmbH und ver­langen lediglich 120 Euro Lizenzgebühr pro Jahr. Die Zertifizierungskosten hängen vielmehr vom Aufwand der Zertifizierung ab. Ich würde schauen, welcher Zertifizierer in meiner Nähe ist. So bleiben beispielsweise die Reisekosten niedrig. Bei Händlern muss die Zertifizierung vor Ort auch nur alle drei Jahre erfolgen – da reicht es also, wenn die Papiere eingereicht werden.

CB: Wo sehen Sie die größten Hürden für kleine Unternehmen, um sich zertifizieren zu lassen?

CK: Ich glaube, dass kleine Unternehmen oft Schwierigkeiten haben, geringe Stoffmengen zu bestellen, weil viele Mindestabnahmemengen hoch sind. Es gibt aber auch Hersteller, die sich auf solche Mengen spezialisiert haben. Junge Unternehmen müssen außerdem einfach etwas Durchhaltevermögen beweisen.

CB: Wie sieht eine korrekte Auszeichnung mit dem Zertifikat aus?

CK: Das Unternehmen bekommt eine eindeutige Lizenznummer, mit der es dann in unserer Datenbank zu finden ist. Dazu kommt dann noch die Label-Stufe, also „Organic“ oder „Made with (x) % organic“, zuzüglich der Nennung des Zertifizierers. Das zertifizierende Institut muss dann auch noch die eigentliche Label-Freigabe erteilen – das ist ein absolutes Muss, um ein unzulässiges Falsch-Labeling auszuschließen.
CB: GOTS wird häufig auch ohne Zertifizierung genannt. Wie geht Ihre Organisation dagegen vor? 

CK: Das kommt ganz auf den Einzelfall an. Oftmals ist es Unwissenheit. Dann schießen wir auch nicht gleich mit scharfer Munition, sondern klären über die Falschaussagen auf und verlangen Berichtigung. Wenn aber beispielsweise unser Logo unerlaubt verwendet wurde, dann mahnen wir unter Umständen auch sofort ab.

CB: Welche anderen Zertifizierungen sind relevante Wettbewerber? 

CK: Wettbewerber gibt es in dem Sinne für uns nicht, denn der Markt ist groß und es gibt noch viel zu tun. Eine Vielfalt an Standards – vor allem glaubwürdiger Standards – bringt den Markt voran. So sehen wir beispielsweise IVN Best, aus dessen Label „Better“ der GOTS-Standard hervorgegangen ist, als Schwesternstandard an.

CB: Wie „zertifiziert“ ist Deutschland im internationalen Vergleich? 

CK: Der deutsche Markt ist, was die Käuferländer angeht, am weitesten entwickelt. In Europa verzeichnen wir, wie in Frankreich und Italien, große Zuwächse. Zertifizierte Unternehmen in den Käuferländern ziehen die ganze Lieferkette mit sich – das ist super!

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