Neue Mutter für Alvi

Mit dem Verkauf von Alvi geht einer der führenden deutschen Hersteller für Kindermatratzen und Babyschlafsäcke an niederländische Eigentümer.

Als im Februar 2018 bekannt wurde, dass die niederländische Un­ternehmensgruppe Nine & Co den traditionsreichen deutschen Hersteller Alvi übernimmt, ging ein Raunen durch die Branche. Immerhin handelt es sich um einen der wichtigsten Hersteller für Matratzen und Baby­schlafsäcke. Und wer die Akteure aus dem Hause Alvi persönlich kennt, weiß um das überzeugende Engagement, mit dem Alvi-Geschäftsführerin Stephanie Viehhofer und ihr Vertriebsleiter wie Ehemann Klaus Blümel im Markt unterwegs sind. Seit August 2017 sondierte Viehhofer Möglichkeiten, das Unternehmen zu verkaufen. Wichtig war ihr, dass der neue Eigentümer nicht nur Marken und Produktionsstätten übernimmt, sondern ein Interesse hat, die Firma mit ihren Mitarbeitern als Einheit fortzuführen.

Nine & Co ist unter anderem durch die Marke Noppies bekannt und möchte mit dem Kauf von Alvi die Position auf dem Eltern- und Babymarkt im europäischen Raum stärken. Nine & Co ist eine Beteiligung von Vendis Capital mit Sitz in Brüssel. Mit vereinten Kräften und dem gemeinsam noch umfangreicheren Marktwissen sollen die Stärken noch weiter ausgebaut und das Wachstum durch die gezielte Expansion der Marken noch besser unterstützt werden. Durch den Zusammenschluss mit Nine & Co kann Alvi von der Vertriebsstruktur und dem Fachwissen des neuen Partners in den Bereichen Design, Innovation, Marketing und Nachhaltigkeit profitieren. Die Marke Alvi bringt ihre Spitzenposition bei Produkten rund um Babys Schlaf in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein. Die Alvi-Produktionsstätten in Höxter und in Polen bieten Nine & Co einen logistischen Vorteil für die Expansion im deutschsprachigen Raum. Zu den Fragen, was zum Verkauf geführt hat und wie viel Alvi auch in Zukunft in der Marke verbleibt, sprachen wir mit Frau Viehhofer.

Stephanie Viehhofer ist Alleingeschäftsführerin von Alvi, seit ihr damaliger Ehemann Klaus 2003 überraschend verstarb. Das Unternehmen ist seit seiner Gründung 1961 in Familienhand. Doch der Familienrat hat getagt und die Fortführung erfolgt nicht durch Tochter Sina, sondern wird durch den Verkauf an Nine & Co in niederländische Hände gelegt.

Childhood Business: Was hat Sie veranlasst, Ihr Unternehmen zu verkaufen? Gab es denn keine familieninterne Lösung?

Stephanie Viehhofer: Als Geschäftsführerin eines Familienunternehmens stellt man sich zwangsläufig irgendwann die Frage, wie es mit dem Unternehmen langfristig – auch nach dem eigenen Ausscheiden – weitergehen soll. Eine familieninterne Lösung gab es nicht. Wir wollten zum richtigen Zeitpunkt sicherstellen, dass Alvi auch in Zukunft erfolgreich am Markt bestehen wird und unsere Mitarbeiter sichere Zukunftsperspektiven haben. 1981 wurde Alvi vom Gründer Alfred Viehhofer zu gleichen Teilen an seine beiden Söhne vererbt. Von diesem Zeitpunkt an war mein erster Mann, Klaus Viehhofer, als Geschäftsführer und Vertriebschef das Gesicht des Unternehmens und der Marke nach außen. Sein Bruder Frank Viehhofer nimmt seit 1988 innerbetriebliche Aufgaben wahr. Nach dem unerwarteten Tod von Klaus Viehhofer im Jahr 2003 habe ich die alleinige Geschäftsführung übernommen. Seitdem ist viel passiert, zum Beispiel entwickelte sich das 2001 erstmals verkaufte Baby-Mäxchen zum meistgekauften Babyschlafsack in Deutschland. Bis heute ist er – neben vielen anderen Produkten – das Aushängeschild unseres Engagements für eine gesunde Schlafumgebung und in seinem Segment „das Maß der Dinge“. 

CB: Seit wann haben Sie nach einem Käufer Ausschau gehalten?

SV: Wir haben uns seit Mitte 2017 umgesehen. Nine & Co war zur selben Zeit ebenfalls auf der Suche nach einem Partner, insbesondere mit Know-how im Bereich Babyschlafsäcke. So kamen der Kontakt und die ersten Gespräche zustande. 

Die Matratze „Malte“ mit trittfesten Kanten kann dank Zwei-Seiten-Prinzip im Baby- wie im Kleinkindalter ver­wendet werden.

CB: Welche Aspekte haben für Sie eine Rolle bei der Auswahl des Partners gespielt? 

SV: Wir tragen nicht nur die Verantwortung für die Marke, sondern auch und vor allem für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Vordergrund stand für uns daher, einen Partner zu finden, der die Arbeitsplätze und den Standort hier in Höxter in vollem Umfang erhält. 

CB: Wie können Sie sicherstellen, dass Ihr Unternehmen erhalten bleibt und nicht auf die Marke zurückgestutzt wird?

SV: Der Wert unseres Unternehmens wird maßgeblich davon bestimmt, wie es heute aufgestellt ist: Hier kommen Erfahrung unserer langjährigen Mitarbeiter, Produkt-Know-how und unsere vertrauensvoll gewachsenen Kundenbeziehungen zusammen. Die Ergebnisse aus vielen gemeinsam geführten Gesprächen haben uns gezeigt, dass die neuen Eigentümer dies erkannt haben und erhalten werden. 

CB: Für wie lange planen Sie, noch an Bord von Alvi zu bleiben?

Der Babyschlafsack „Baby-Mäxchen“ – hier im maritimen Dessin „Anker“ –
ist eines der Aushängeschilder aus dem Hause Alvi.

SV: Wir nehmen uns die Zeit, die es braucht, um geeignete Nachfolger zu finden und einzuarbeiten. Bis dieser Prozess abgeschlossen sein wird, bleiben wir auf jeden Fall an Bord. 

CB: Welche Fragen haben Sie von Ihren Handelspartnern anlässlich des Verkaufs von Alvi zu hören bekommen? 

SV: Mein Mann, der den Vertrieb bei Alvi seit vielen Jahren erfolgreich leitet, und ich wurden oft gefragt, ob wir denn zunächst als erste Ansprechpartner erhalten bleiben. Das konnten wir bejahen und dadurch viele Sorgen und Fragen direkt zerstreuen. Wir haben im Laufe der vielen Jahre sehr intensive und vertrauensvolle Partnerschaften zu unseren Händlern aufgebaut, man kennt und schätzt einander – da wäre ein abruptes Ende definitiv nicht in unserem Interesse und gegen unsere Überzeugung gewesen. 

Auch Erstausstattungsmöbel wie der Stubenwagen
„Breeze“ gehören zum Portfolio des Traditionsunternehmens.

CB: Welche vertrieblichen Veränderungen wird es über kurz oder lang durch den Zusammenschluss mit Nine & Co geben?

SV: Beim Ausloten von Synergien stehen wir noch ganz am Anfang. Es wäre daher verfrüht, bereits eine Prognose abzugeben. Wir analysieren zurzeit den Markt, die einzelnen Unternehmensbereiche sowie die Kernkompetenzen und Stärken. Daraus werden wir eine gemeinsame Vertriebsstrategie entwickeln. Hier wird Alvi von dem umfangreichen Fachwissen von Nine & Co in den Bereichen Design, Innovation, Marketing, Nachhaltigkeit und von der bestehenden internationalen Vertriebsstruktur profitieren. Im Fokus stehen die Stärkung unserer Marken, ein nachhaltiges Wachstum sowie die Optimierung des Services im Bereich unserer internationalen Kunden. 

CB: Der Markt für Kindermatratzen ist vor allem ein nationaler. Wodurch sehen Sie für Alvi nunmehr neue Chancen, im Ausland zu wachsen, die Sie selbst bisher nicht zu nutzen wussten?

SV: Wir beobachten bereits, wie der Markt zusammenwächst – zum Beispiel durch die steigende Anzahl europäischer DIN-Normen. Hier werden sich zukünftig viele Chancen eröffnen. Sicherlich kann diese Entwicklung für Alvi dadurch begünstigt werden, dass Nine & Co als Modeunternehmen gerade im Bereich Design neue Impulse und eine besondere Expertise einbringt. 

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