i-Size Phase 2: Einfach zu schmal

Den ersten Sitzen gehört die vorderste Reihe:
Da BeSafe der derzeit einzige Anbieter mit einem seit März 2018 ausgelieferten i-Size-Phase-2-Sitz ist, gebührt dem Unternehmen das Vorrecht unsere Themenstrecke zu eröffnen.

i-Size versprach mehr Plug ’n’ Play. Doch auf Druck der Autohersteller sind für größere Autositze der UN-R-129-Norm der Phase 2 maximal 44 Zentimeter Baubreite das Maß aller Dinge. Künftig geht es wieder um mehr Kleingedrucktes. 

Als wir uns Ende letzten Jahres fragten, welche Themen in der Kindersitzbranche virulent seien, diesseits der vertrieblich wichtigen erfolgreichen Lancierung neuer Modelle, da erhielten wir die Empfehlung, uns auf der internationalen Konferenz Protection of Children in Cars umzuhören. Diese richtet der TÜV Süd seit 15 Jahren immer am Ende der ersten Dezemberwoche aus. So trafen sich auch Ende 2017 rund 160 Experten aus 23 Ländern zu der vermutlich weltweit renommiertesten Fachveranstaltung für Kindersicherheit im Auto. 

Unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Langwieder, einer über Deutschland hinaus weithin bekannten Koryphäe im Bereich Autosicherheit, und Philippe Lesire, dem französischen Sicherheitsexperten vom Lab PSA Peugeot-Citroën Renault, referierten Experten vornehmlich aus der Forschung und Entwicklung in knapp zwei Dutzend Referaten, die es wahrlich in sich hatten. 

Die wissenschaftliche Ausrichtung der Konferenz ermöglicht den Einblick in Forschungs-Paper aus aller Welt. Die vom TÜV Süd hervorragend organisierte Veranstaltung stärkt den Austausch von Ergebnissen, die von Universitäten, öffentlichen Organisationen, aber auch aus den im Wettbewerb stehenden Unternehmen stammen. Sie entführt auch weit über die Welt der Lifestyle-Fabrics neuer Produktlinien, über die Noten der Verbrauchertests und die Stichworte „Isofix“ oder „i-Size“ hinaus. 

Was wir für unsere Leser dank des Besuchs der Tagung mitnehmen konnten, werden wir künftig in Childhood Business in loser Folge aufgreifen und durch Experten aus der Branche aufbereiten. Denn so forschungsnah die Konferenz des TÜVs Süd auch ausgerichtet ist, so eint alle Beteiligten ein Bestreben: durch die gemeinsamen Erkenntnisse die bereits heute hohen Sicherheitsbeiträge der besten Kindersitzprodukte noch weiter voranzutreiben. 

Unfallforschung, Mis-Use, Human Body Model

Und Ansätze gibt es genug, nicht nur in Sachen Materialien, Komponenten und Konstruktionsstrategien. Sie resultieren bereits aus den vermeintlich einfachen, gleichwohl aufwendigen Analysen zur Handhabung durch Endverbraucher und zu den häufigsten Fehlerquellen beim Einbau von Kindersitzen. „Misuse“ ist der Fachbegriff in der Sicherheitsbranche und eines der großen Themen. Und noch immer zeigt sich in aktuellen Studien, dass der fehlerhafte Einbau eine bedeutsame Problemwurzel darstellt. Auch die Unfallforschung trägt dazu bei, bessere Strategien, Tests und Produkte zu gestalten. Dabei sind auch die optisch auffälligen Dummys ein Forschungsgegenstand sui generis, denn auch die neueste biomechanische Generation kann das Unfallverhalten des menschlichen Körpers nur näherungsweise simulieren und entsprechend messen. 

i-Size: Entzweit die Phase 2?

Das aktuellste Thema im ersten Halbjahr 2018, das auch den Handel ganz konkret erreicht, ist die Frage nach neuen i-Size-Kindersitzen der Phase 2. Es war schon erstaunlich, dass zur Kind + Jugend 2017 kaum ein Hersteller erste Modelle präsentieren konnte, obgleich der zweite Reglement-Abschnitt der Sicherheitsnorm UN-R 129 im letzten Sommer in Kraft trat. Diese regelt die Gruppe der nicht-integralen Kindersitze, die den bisherigen Gewichtsklassen II und III entsprechen und für Kinder mit einer Körpergröße von bis zu 150 Zentimetern ausgelegt sind, sich also für ein Alter von etwa vier bis circa zwölf Jahren eignen. Zur Erinnerung: UN-R 129 wurde entwickelt, um auf europäischer Ebene die Sicherheit für Kinder zu erhöhen. Häufig wechseln Eltern zu früh von der Babyschale (Gruppe 0+) zu einem größeren Modell. Durch einen vorzeitigen Wechsel von einem rückwärtsgerichteten zu einem vorwärtsgerichteten Sitz steigt aber das Risiko von Kopf- und Nackenverletzungen, da der Hals eines Babys noch nicht ausreichend entwickelt ist, um den im Vergleich relativ schweren Kopf zu halten. Ähnlich der Phase 1 der UN-R 129 beinhaltet auch die Phase 2 höhere Sicherheitsanforderungen als die UN-R 44/4 sowie Seitenaufprall-Crashtests.

So sehr sich auch das griffige Stichwort „i-Size“ dafür eignet, die sperrige Bezeichnung der Norm UN-R 129 abzukürzen, so sehr muss man darauf hinweisen, dass sogenannte i-Size-Sitze einen Untertyp der UN-R 129 darstellen. Für sie gelten eine Reihe engerer Bestimmungen, darunter eine von der Automobilindustrie einseitig durchgesetzte Anforderung, die in der Phase 2 nunmehr für Probleme sorgt: i-Size-Sitze dürfen auch bei den größeren Kindern nur 44 Zentimeter breit sein – im Außenmaß versteht sich. Große und erst recht breit gebaute Kinder passen da kaum noch bequem rein. Daher erlaubt die Norm auch eine um wenige, aber durchaus nützliche Zentimeter breitere Bauweise. Nur handelt es sich dann eben nicht mehr um einen i-Size-fähigen Sitz, sondern um einen „nach UN-R 129“ zugelassenen Sitz mit erneut einem fahrzeugspezifischen Typenverzeichnis, das auflistet, ob ein Sitz in das eigene Auto passt oder nicht. Da endet das mit der UN-R 129 eingeführte Plug ’n’ Play von „i-Size“. Wie es zu der Breite von 44 Zentimetern kam, warum sich die Hersteller schwertun und ob sich zwei (verwirrende) Sitztypisierungen abzeichnen, fragten wir ausgewiesene Experten.  

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