Der Weg der grünen Mode

Ökologisch hergestellte Kleidungsstücke sind heute fast überall zu finden. Dass es allerdings überhaupt erst dazu kommen konnte, liegt an vielen technischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen.

Haltung: Eine Gesinnungsfrage ist mit der Zeit zum modischen Statement geworden.
Haltung: Eine Gesinnungsfrage ist mit der Zeit zum modischen Statement geworden.

Die Geschichte der grünen Mode beginnt im Prinzip mit der industriellen Revolution: Die Massenproduktion, mechanische Webstühle und der zunehmende Einsatz von Chemikalien und Kunststoffen verunreinigte Textilien und Natur gleichermaßen. Aber die Kleidung war damit auch schnell und in großen Stückzahlen herzustellen. So war sie günstiger als bislang zu haben. Und es gab zunächst ein nur geringes Wissen um die Auswirkungen der Verschmutzungen.

Es dauerte bis in die 1960er-Jahre, bis ein echtes Bewusstsein für den Umweltschutz entstand und sich die Mentalität und das Konsumverhalten änderten. Mit dem Aufkommen der amerikanischen Hippie-Kultur stieg die Nachfrage nach Kleidung mit ökologisch unbedenklicher Herkunft. Diese war zwar zunächst ein Nischenphänomen, doch der Geist hatte zumindest Teile der Modeindustrie erfasst. Ungefärbte Stoffe, Strickwaren und andere, naturbelassene Materialien prägten den Look der Zeit. Gleichzeitig wurde der Blick auf Umweltprobleme gelenkt.

Das Bewusstsein wächst

Der Umweltschutz wurde in den 1980er-Jahren noch wichtiger. Dabei spielte die sich verändernde Medienlandschaft eine nicht unerhebliche Rolle. Nicht nur in Magazinen wie dem Stern und dem Spiegel, sondern auch das aufkommende Privatfernsehen lenkten den Blick auf die Umweltverschmutzung. Auch publik gewordene Produktionsberichte aus den Sweatshops vieler Textilproduzenten erwirkten ein Umdenken in der Bevölkerung. In der Modewelt zeigte sich das allerdings nur zaghaft. Die aufkommenden Produkte aus ökologisch produzierten Stoffen hatten oft mit dem Stigma des „Reformhaus“-Images zu kämpfen. Gerade im Vergleich zu den extrem bunten, poppigen Outfits, die in den 1980er-Jahren modern waren, fiel der typische Öko-Look der Zeit wegen seines niedrigen Fashion-Grades deutlich ab und wurde in eine Ecke mit zu weiten Strickpullovern und biederen Gesundheitslatschen gesteckt.

Anfang der 1990er-Jahre gab es dann bereits eine bemerkenswerte Anzahl an Herstellern, die zeitgenössisches Design mit ökologisch unbedenklichen Materialien kombinierte oder die zumindest auf Missstände hinwiesen. Im Jahr 1990 hielt die Modedesignerin Katharine Hamnett eine Rede vor den Vereinten Nationen und schärfte damit das Bewusstsein. Im gleichen Jahr schrieb die amerikanische Vogue einen stark beachteten Artikel: „The Green Movement in the Fashion World“. In den kommenden Jahren zeigten sich einige Ergebnisse: Designer wie Stella McCartney oder Giorgio Armani verschrieben sich zumindest teilweise dem Umweltschutz und verzichteten komplett auf tierische Produkte wie Pelz und Leder. Marken wie G-Star, Matt & Nat, Patagonia oder auch einige Kaufhausketten nahmen – wenn teilweise auch nur zeitweise – einige ökologisch unbedenkliche Kleidungsstücke in die Sortimente auf. Dies blieb jedoch eher ein Gimmick.

Klasse statt Masse

Zum breiteren Erfolg der grünen Mode trug auch eine gewisse Übersättigung bei: Mit dem Aufkommen der großen Ketten wie H&M, die modische Kleidung zu attraktiven Preisen anboten, startete ein neuer „Kaufrausch“. Es trat das Phänomen auf, dass hauptsächlich junge Konsumenten mehr Kleidung in den Schränken hatten, als angezogen werden konnte. Daraus formierte sich in einem laufenden Prozess eine bewusste Bewegung gegen den Überfluss der „Fast Fashion“. Nicht zuletzt durch das Internet, soziale Netzwerke und Blogs wird nachhaltig produzierte Kleidung wieder zu einem neuen Statussymbol.

(ch)

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