Damit Baumwolle wachsen und sich die für die Weiterverarbeitung nötige Qualität entwickeln kann, braucht es viel Mühe, Wasser und oft auch Pestizide. Die Folgen können für Menschen und Umwelt gravierend sein.
Baumwolle ist der mit Abstand wichtigste Rohstoff der gesamten Textilindustrie. Dementsprechend groß ist die wirtschaftliche Bedeutung dieses Rohstoffes. Dem International Cotton Advisory Committee (ICAC) zufolge werden mit Baumwolle jährlich rund 51,4 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Angebaut wird sie in 75 Ländern, wobei allein 80 Prozent des globalen Angebotes aus den sechs größten Herstellernationen stammen.
In den Anbaugebieten herrschen sehr unterschiedliche Bedingungen in Bezug auf Natur, Klima und Infrastruktur. Während auf kleinen Feldern in Afrika die Baumwolle häufig noch per Hand geerntet wird, sind auf modernen amerikanischen, brasilianischen oder australischen Großplantagen Maschinen im Einsatz, die das feine Rohmaterial einsammeln. Es werden zudem rund 40 verschiedene Baumwollarten für kommerzielle Zwecke kultiviert. Die Industrie lässt sich dementsprechend nicht einheitlich betrachten.
Dennoch setzen einige Organisationen und Verbände sich für gleiche Standards und Konventionen ein. Zum einen, damit die weiterverarbeitenden Betriebe mit einheitlichen Maßstäben arbeiten, und zum anderen, damit Techniken und Erkenntnisse ausgetauscht werden können. Nicht zuletzt stabilisiert eine funktionierende Baumwollproduktion die Wirtschaft, den Umweltschutz und die gesundheitlichen Bedingungen in den ärmeren Ursprungsländern.
Pestizide: Ein notwendiges Übel?
Die herkömmliche industrielle Baumwollproduktion ist mit erheblichen Risiken für Mensch und Umwelt verbunden. Den größten Einfluss haben dabei die Chemikalien, die zum Einsatz kommen müssen, um Schädlingsbefall durch Insekten, Unkräuter und Pilze vorzubeugen, sowie die Düngemittel. Die Baumwollsamen werden zwar schon vor der Aussaat mit Insektiziden, Fungiziden und Herbiziden behandelt, der größere Anteil der Chemikalien jedoch wird mit Flugzeugen, Traktoren oder händisch auf die Felder versprüht. Der Einsatz ist dabei enorm: Baumwollfelder machen rund 2,4 Prozent der globalen Ackerfläche aus. Auf diesen werden rund elf Prozent aller erhältlichen Pestizide eingesetzt. Art, Zeitpunkt und Quantität der Anwendung entscheiden über den Grad der Auswirkungen. Es müssen beispielsweise bestimmte Wetterverhältnisse vorherrschen, damit die Mittel ihre Wirkung optimal entfalten. Ist es zu heiß, verdunstet das Mittel und schlägt sich später anderswo nieder. Ist es hingegen zu regnerisch, sickert es zu tief in den Boden ein, sodass es den Pflanzen nicht nutzt. Können die richtigen Konditionen nicht abgepasst werden, müssen Farmer ihre Felder mitunter häufiger behandeln. In einer Saison werden Felder darum zwischen 14 und 30 Mal behandelt.
Boden und Grundwasser werden dadurch stark belastet und auch die Flora und Fauna der Regionen um die Plantagen herum werden in Mitleidenschaft gezogen. Daher ist der konventionelle Ackerbau in den angrenzenden Feldern kaum möglich. Somit zerstört die Baumwollproduktion vielerorts die örtliche Lebensgrundlage. Und auch auf Plantagen selbst sind die Auswirkungen des übermäßigen Chemikalieneinsatzes verheerend: Es kommt zu Erosionen oder zur Versalzung der Böden und Schädlinge können Resistenzen entwickeln.
Bio-Baumwolle: das zweischneidige Schwert
Baumwolle, die als „Öko“ oder „Bio“ bezeichnet wird oder der „kontrolliert biologischer Anbau“ (kbA) bescheinigt wird, wird immer mehr nachgefragt. Um diese Begriffe genau zu definieren, wurde eine EG-Öko-Basisverordnung verabschiedet. Diese wird immer laufend verändert und den technischen Möglichkeiten angepasst. Für Baumwolle sieht sie vor, dass das Saatgut nicht genetisch verändert wird, dass ausschließlich natürlicher Dünger und Pestizide verwendet werden und dass keine chemischen Entlaubungsmittel zum Einsatz kommen. Aufgrund der letztgenannten Anforderung kann Bio-Baumwolle meist nur von Hand gepflückt werden.
Ein Streitthema bei Bio-Baumwolle ist der Wasserbedarf. Generell braucht die Pflanze sehr viel Wasser, um Fasern hervorzubringen, die für die Verarbeitung lang genug sind. Im Schnitt werden 11.000 Liter Wasser gebraucht, um ein Kilogramm Baumwolle zu erzeugen, wobei sich der konkrete Bedarf je nach Art der Pflanze und nach dem verwendeten Bewässerungssystem zwischen 3.000 und 29.000 Litern belaufen kann. Je nach Ursprungsregion speist sich dieser hohe Wasserbedarf aus der Regenmenge, aus Umleitungen aus Flüssen oder es muss das Grundwasser angezapft werden.
Da Bio-Baumwolle langsamer wächst, benötigt sie zunächst mehr Wasser. Dieses ändert sich jedoch: Mit der Zeit wandeln sich Struktur und Beschaffenheit des belasteten, mitunter versalzenen Bodens dahin gehend, dass die Pflanzen wieder auf natürliche Art wachsen und sich selbst besser mit Wasser versorgen können. Der Wasserbedarf pendelt sich somit wieder auf einem Niveau ein, der je nach Anbaugebiet sogar unter dem der herkömmlich produzierten Baumwolle liegen kann.
(ch)