Einfach anders organisiert: Ordertage Anfang 2018

Lange Zeit gab es nur die „lieben Sieben“, wie Childhood Business die angestammten deutschen Ordertage in einer früheren Ausgabe einmal nannte. Inzwischen hat die Playtime Berlin debütiert und auch die Events in Österreich und der Schweiz haben wir künftig stärker auf dem Radar.

Supreme Kids: Der Ordertag, auf dem es am meisten brummt, ist der Event in München. Für die meisten Aussteller ist der Termin fest gesetzt.

Die Frequenzen der Ordertage im deutschsprachigen Raum werden von jedem Veranstalter mit Argusaugen überwacht, seit sie nicht mehr verlässlich um ein auskömmliches Niveau herum pendeln. Inzwischen hat sich zum einen die Zahl der Einkäufer, die sich noch aufmachen, die Branchenevents zu besuchen, reduziert. Und zum anderen erachtet nur ein Teil der neu entstandenen Shops und Concept-Stores einen Besuch als nötig. Befragt man den einen oder anderen dieser Abstinenzler, reichen die Gründe für das Fernbleiben von „Eh kein Budget“ und „Ich hatte eine schlechte Saison“ über „Meine Lieferanten habe ich“ bis hin zu „Ordere ich online“ und „Bin ich eigentlich nicht mit vertraut“. Sicher, zu jenen Läden aus der letzten Kategorie gehören meist neuere und kleinere Shops. Aber offenbar gibt es hier ein Problem, diese Läden zu adressieren, einzuladen und von den Vorteilen zu überzeugen.

Hoch in den Norden: Für viele Marken steht die Kindermoden Nord an zweiter Stelle auf ihrem Event-Tableau. Erneut ist die Veranstaltung mit etwas weniger Ausstellern, aber dafür teilweise ausgeweiteten Flächen ausgebucht.

Dabei buhlen insgesamt zehn Ordertage für Kindermode im deutschsprachigen Raum um diese Klientel. Hinzu kommen noch ein paar kleinere Termine und Hotelschauen. Ein Bild über die Gesamtlage lässt sich aber kaum gewinnen, da die Veranstalter den Herstellern zwar gern alles Zählbare in Rechnung stellen, zuvorderst Quadratmeter, aber auch Stühle, Tische und Regale, Lampen, Stromanschlüsse oder gar Internetzugänge. Fragt man sie aber nach Besucherzahlen, sind die wenigsten auskunftsfreudig. Manche stellen Ausstellern Besucherlisten bereit, andere nicht. Offizielle Angaben aber sind, mit raren Ausnahmen wie der Kids Now oder der Playtime Berlin, Fehlanzeige. Diese Haltung verwundert, gehören doch zu den zentralen Parametern einer Messe die Anzahl der Aussteller und Marken, Ausstellungsfläche, Termine und Preise. Was lässt die Veranstalter zögern? Eine nachvollziehbare Begründung gibt es nicht. Und ob eine Veranstaltung gut besucht ist oder schlecht, das erfahren doch alle Aussteller ohnehin. Nicht nur für neue Labels, von denen es auch 2017 wieder zahlreiche gab, dienten solche Zahlen durchaus als Entscheidungshilfe – und  als Indikator dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. So ließen sich Erwartungshaltungen anpassen und vor allem die Notwendigkeit zu mehr Eigeninitiative erkennen. Denn ganz gleich, ob gut besuchte Ordertage oder zähe Veranstaltungen, ein Phänomen ist immer wieder zu beobachten: Bei manchen Ausstellern brummt es nahezu durchgehend, während andere sich ein Loch in den Bauch stehen. Daher täte ein bisschen mehr Transparenz der Branche gut.

Willkommen in Österreich: Wie Birgit Appl-Klauser von der Agentur Decopoint schätzen die Aussteller auf den Ordertagen der JOT Juniormode in der Brandboxx Salzburg die Intimität und Nähe zu den Kunden.

Und dass sich noch etwas bewegen lässt, das hat die Playtime Berlin im letzten Sommer gezeigt. Über 1.200 Besucher wurden vermeldet. Und wer diese Zahlen spontan anzweifelt, der war nicht vor Ort, denn an den beiden Veranstaltungstagen war spürbar  viel los. Und das ist beeindruckend. Das Format ist zwar nicht vom Himmel gefallen – sondern kurzerhand aus Paris exportiert worden. Aber in Deutschland ist es gänzlich neu gestartet, mutig und fast ohne lokale Partner. Nicht nur konnten zahlreiche Aussteller gewonnen werden, zudem zu für die hiesige Landschaft nicht umsetzbar geglaubten Quadratmeterpreisen von 200 Euro aufwärts. Auch haben Mailings, Verteiler, Multiplikatoren, das eigene Einkäufernetzwerk und eine beherzte Telefonaktion dazu beigetragen, aus dem Nichts eine große Neugier zu wecken. Nun kommt es darauf an, Ende Januar dafür zu sorgen, dass die zweite Ausgabe erneut zu einem Erfolg wird. Dieses Mal fehlt das Momentum der Berliner Fashion Week, da die Playtime eine Woche später gastiert. Zudem liegt sie so kurz vor der Supreme Kids, dass manche Aussteller und Besucher den Termin nicht realisieren können. Kurz darf in diesem Zusammenhang auch die Cookies Show erwähnt werden. Sie findet ebenfalls zum zweiten Mal statt, liegt aber weiterhin parallel zur Fashion Week in Berlin und hat sich neckischerweise die frei gewordene Location der Playtime im Palazzo Italia gesichert. Für die zu erwartende Besucherzahl ist das Objekt sicher etwas zu großzügig dimensioniert und anders als im Kraftwerk wie im Sommer zuvor muss die Cookies im Haus ganz allein für einen konsumigen Event-Flair sorgen. Ansonsten ist die Cookies ein gutes Beispiel zum Thema: Es regiert nicht die Quantität, sondern die Qualität. Die Zahl der Besucher ist überschaubar, aber die Mehrheit der Aussteller berichtete von guten Terminen, auskömmlichen Orderzahlen und Neukunden. Und so kann die Organisatorin Petra Kischkewitz nicht nur die Erstaussteller erneut begrüßen, sondern auch weitere Marken wie Camper, Chicco, Kavat und Koel4Kids gewinnen.

Die Kids Now punktet mit Shooting, internationalen Brand-Infusions und Ideen für Kassenwaren.

Jenseits dieser neuen Veranstaltungen laden die eingeführten Events wie zu jeder Saison ein. Einige Veränderungen hat es dabei am Zuschnitt der Formate gegeben. So findet im Haus Paris in Neuss erneut Step by Step statt, die günstigerweise wieder zeitgleich vom 21. bis zum 23. Januar 2018 mit der 4-Kidz.eu in der Euromoda (21. und 22. Januar) liegt. Allerdings ist es nicht so günstig, dass fünf der zwölf teilnehmenden Aussteller, zumeist Agenturen mit zahlreichen Labels,  nicht an den Ordertagen geöffnet haben, sondern zu einem späteren Zeitpunkt im Haus sind. Wer sich bei diesen eindecken will, muss individuelle Termine und Anreisen einplanen:

Agentur Commerce: 30. – 31. 1.
Agentur Hülsbeck: 1. – 2. 2.
PM Modeagentur: 1. – 5. 2.
Grimmer & Sommacal: 6. – 8. 2.
Agentur Ramin: 7. – 11. 2.

Einen gemeinsamen Folder gibt es auch nicht mehr, sodass sich die Beschaffung von Informationen zur Step by Step erschwert.

Eine etwas andere Entwicklung zeichnet sich bei der inzwischen in Quarterkids umbenannten vormaligen MMC Kids Collections ab. Der Veranstalter hat den Termin vom 9. bis zum 11. Februar um das Segment Kinderschuhe erweitert. Und durch die erstmalig teilnehmenden Kinderschuhlabels kann das Event doch noch leicht an gemeldeten Marken zulegen.

Die JOT Juniormode bietet den österreichischen Einkäufern eine persönliche Atmosphäre.

Schaut man sich die insgesamt angemeldeten Marken auf allen Veranstaltungen an, inklusive der JOT Juniormode in Salzburg und der TMC in Zürich, gehen diese mit insgesamt 1.415 Teilnahmen gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum um 36 Meldungen hoch. Allerdings ist hierbei erstmals die Playtime Berlin erfasst, die zum Zeitpunkt der Auswertung 114 Marken meldete. Ohne die Play-time hätte es also einen Rückgang gegeben. Auch die Firmenteilnahmen stiegen von 519 auf 570, wobei auch hier der Zuwachs allein durch die 108 Meldungen zur Playtime Berlin erreichbar war.

Etwas stärker zeigt sich die Supreme Kids, deren „über 600“ vermeldeten Marken erneut nicht aus dem Katalog abzuleiten sind. Dennoch ist und bleibt sie nicht nur hinsichtlich der vonseiten der Aussteller bestätigten guten Order­ergebnisse Spitzenreiter, sondern auch in Bezug auf die Anzahl der Marken und Firmen. Erneut folgt die Kindermoden Nord als zweitwichtigster Termin. Sie hat zwar leicht an Marken und Ausstellern verloren, ist aber durch einen größeren Flächenbedarf der bestehenden Mieter erneut komplett ausgebucht. Wer die Ordertage besucht, erlebt, was hanseatische Beständigkeit bedeutet: eine unaufgeregte Ausrichtung, die sich um ihre Aussteller bemüht, durch die Präsenz der Geschäftsführerin Steffi Kranawetter die Bedürfnisse der Aussteller aufnimmt und durch eine ganze Reihe an Services ergänzt. Norddeutschland hat zwar Dänemark als Hinterland, das aber mit der Ciff Kids über eine eigene starke Veranstaltung verfügt. Ansonsten wachsen die Bäume nicht in den Himmel, aber den durchaus kräftigen Veränderungen im Markt stemmt sich die Kindermoden Nord einfach durch hamburgische Beharrlichkeit trotzig entgegen.

Die Supreme Kids gilt als die Ordermesse mit
den besten Verkäufen.

Wer Deutschland abdecken will, der braucht Events im Norden, Süden und in der Mitte. In dieser tummeln sich seit Jahren mehrere Termine wie die 4-Kidz.eu, die Step by Step, etwas östlicher die Quarterkids und die Kids Now, die sich seit Jahren ohne den Rückhalt eines Fashion-Centers mit festen Showroom-Mietern bewähren muss. Zudem litt sie am meisten unter der für einige Saisons angetretenen Children’s Fashion Cologne (CFC). Parallel dazu buhlte damals auch noch die Düsseldorfer Little Gallery um die Gunst der Aussteller und Besucher. Wie fragil das Ökosystem der Kindermode ist, zeigt sich auch daran, dass sich die Kids Now von der damaligen Situation nicht vollständig erholen konnte. Zugleich wird dem Veranstalterteam um Axel Fehse von den Ausstellern nahezu einhellig bescheinigt, sich außerordentlich stark für die Veranstaltung einzusetzen. So entstehen auch Formate wie „Inside Kids Now“ mit einer Markeninfusion internationaler Designer-Labels. Und im Januar 2018 bieten sich den Besuchern mit einer kuratierten Ausstellung besonderer Kassenartikel Anregungen, um den Kunden kleine Genusskäufe zu ermöglichen.

Manchmal aber verwundert es, wie wenig die Bemühungen bei der Zielgruppe fruchten. Schaut man sich die verfügbaren Daten zu den Besucherzahlen an und vergleicht diese mit dem vorhandenen Einzelhandelspotenzial in den grob geschätzten Einzugsbereichen, dann bleibt nüchtern zu konstatieren: Viele Einkäufer, vor allem aus den kleineren und mittleren Geschäftsgrößen, haben sich von den Möglichkeiten und Chancen der Branchenveranstaltungen abgeschnitten. Das erstaunt umso mehr, als Einzelhandelsexperten besser austarierte, überraschende und einzigartige Sortimente empfehlen. Also: rein ins Auto und Augen auf!

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