Kiddy: Einfach wieder neu durchstarten

Bettina Würstl, geschäftsführende Gesellschafterin

Childhood Business: Sie konnten jüngst die 2017 eingetretene Insolvenz Ihres Unternehmens abschließen und wieder neu durchstarten. Wie kam es zu der Schief­lage?

Bettina Würstl: Zwei Faktoren hatten dazu beigetragen. Zum einen hatte einer unserer Hauptlieferanten sein Unternehmen verkauft. Der neue Eigentümer hatte die Zahlungsziele von heute auf morgen deutlich gesenkt. Das hatte dann unmittelbare Auswirkungen auf die zusätzlich benötigte Liquidität. Zum anderen hatte auch unser chinesisches Joint Venture uns gegenüber bestehende Schulden zu zahlen, welche es nicht aufbringen konnte. Am schlimmsten traf uns das unnachsichtige Verhalten der Lieferanten, die aufgrund der Probleme der chinesischen Gesellschaft auch unser Mutterhaus nicht mehr mit Produkten belieferten. Das zog Kiddy als Ganzes in Mitleidenschaft.

CB: Die Insolvenz ist zwar überwunden, aber bleiben die Lieferanten nicht zurückhaltend? Wie konnten Sie deren Vertrauen wiedergewinnen?

BW: Wir haben individuelle Regeln und Lösungen getroffen, wodurch die Fortführung wieder möglich geworden ist. Besonders wichtig war es, bei den Lieferanten das Verständnis dafür zu schaffen, dass unser in China eingegangenes Joint Venture von unserem deutschen Stammhaus unabhängig ist. 

CB: Gab es einen Schuldenschnitt Ihrer Bank?

BW: Nein, die Bank musste auf keine Kreditforderungen verzichten. Im Rahmen des Insolvenzplans konnten die Gläubigergruppen rechtlich sauber aufgeteilt und behandelt werden. Dadurch entstand die Möglichkeit, unterschiedliche Befriedigungen zu erreichen. Die meisten haben 100 Prozent ihrer Forderungen an uns zurückbekommen. Unsere Hausbank ist weiterhin als Finanzier an Bord, was nach solchen Situationen eher ungewöhnlich ist, aber auch ein Zeichen des besonderen Vertrauens in das Unternehmen Kiddy. Ich bin heute noch immer und inzwischen alleiniger Eigentümer der Gesellschaft. 

CB: Ein Blick in die letzten Bilanzen zeigt, dass das Unternehmen auch in den Jahren vor der Insolvenz Verluste gemacht hatte. 

BW: Dies kam durch unsere Expansion und Landesgesellschaften zustande. Wir sind gerade im Begriff, vier davon zu schließen: Die Türkei und Korea sind bereits geschlossen und auch aus den USA werden wir uns zurückziehen. Zu dem chinesischen Joint Venture laufen wie bereits erwähnt noch Gespräche. Hinzu kamen auch sehr hohe Kosten in Entwicklung und Produktion unserer Modelle sowie ein schlechtes Testergebnis der Stiftung Warentest, das unser damaliges Hauptprodukt betraf.

CB: Sie haben die Insolvenz in Eigenverwaltung vollzogen. Was war die schwierigste Herausforderung?

BW: Das waren die langwierigen Verhandlungen mit den Lieferanten, um die Produktion neu anzuschieben. Hinzu kamen Versuche von Wettbewerbern, unser Unternehmen zu kaufen und Mitarbeiter abzuwerben.

CB: Und wie konnten Sie das abwehren?

BW: Da spielten viele Faktoren zusammen. Besonders wichtig ist, dass mir die Bank treu geblieben ist. Weiterhin bin ich stolz auf unseren sehr guten Mitarbeiterstamm, welcher den Abwerbeversuchen getrotzt hat und während der Zeit unserer größten Verwundbarkeit beim Unternehmen geblieben ist.

CB: Welche Gedanken haben Sie hinsichtlich Ihrer Unterstützer während der Insolvenz?

BW: Vor allem die Händler haben unglaublich gut zu uns gehalten! Das war ein ebenso großartiges wie keineswegs selbstverständliches Bekenntnis – und ganz entscheidend dafür, dass wir die Insolvenz überwinden konnten. Ich wusste, wenn ich die Firma verlasse, ist das Unternehmen tot und das konnte ich den Mitarbeitern nicht antun. Wir haben niemanden entlassen müssen, sondern sind sogar auf über 100 Leute gewachsen, weil unsere Aufträge trotz der Insolvenz zugelegt haben. Jetzt sind wir wieder voll da.

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