Lange Zeit war das Schlagwort des hybriden Kaufverhaltens lediglich auf den Endverbraucher gemünzt. Es beschreibt eine Handlungsweise beim Konsumenten, bei dem eine Person auf der einen Seite preisorientiert einkauft und bei einer anderen Gelegenheit erlebnisorientiert vorgeht. In diesem Zuge haben sich auch weitere Begriffe wie Schnäppchenjäger, Smart-Shopper oder Geiz-ist-geil-Jünger entwickelt. Und große Teile des Handels haben sich erstaunlicherweise ohne große Gegenwehr dafür entschieden, das Warenangebot in Richtung der volumentauglichen Preissegmente zu verschieben.
Sicher, der deutsche Konsument gibt für kleine Kinder bis zu einem Alter von vier oder fünf Jahren ganz gerne Geld für gute Produkte aus. Seltsamerweise aber wandelt sich das mit dem zunehmenden Alter der Kinder. Plötzlich sinkt die Bedeutung der Ausstattung, ganz gleich ob es sich um Kindermode oder -schuhe handelt, und pragmatische Erwägungen stehen stärker im Vordergrund als ideelle. Wo Marken, Werte und Wohlwollen verschwinden, treten Preise stärker in den Vordergrund. Und wo vor allem der Preis regiert, setzt sich der Preisführer durch. War in früheren Zeiten die Markttransparenz oder die Wechselwilligkeit durch räumliche Strukturen begrenzt, steht heute der noch günstigere Wettbewerber lediglich einen Klick entfernt bereit. Und mehr noch: Bei der Hatz auf den Umsatz unterbieten sich die digitalen Handelsanbieter centweise, um in den Rankings von Marktplätzen oder Preissuchmaschinen einen der vorderen Ränge zu belegen, als würde irgendwo in den Weiten des Internets eines Tages eine Medaille auf einen warten und den durch solche Preisnachlässe erzielten Podestplatz belobigen. Das Dumme ist nur: Der Wettbewerb ist nicht mehr nur lokal, sondern international. Und mehr noch besteht er nicht aus Händlern der gleichen Couleur, sondern wird von Finanzanlegern und Venture Capitalisten finanziell ausgestattet, die sich nicht an einem handelskaufmännischen Geschäftsmodell beteiligen, sondern Finanzlotto spielen. Ziel ist es, sich hoffentlich an dem Anbieter beteiligt zu haben, der nach weitreichender Verdrängung strebt, den Wettbewerb marginalisiert und nach dem Motto „The winner takes it all“ entweder über die schiere Masse oder gar über eine monopolhafte Endsituation reüssiert. Klingt kompliziert? Das Spiel ist auf jeden Fall für den Ottonormalhändler nicht zu gewinnen.
Vielleicht täte daher ein bisschen hybrides Einkaufsverhalten gut. Warum nicht die von ANWR und SABU günstig bezogenen Massenmarken durch attraktive Randsortimente anreichern, die dabei helfen, das Einkaufserlebnis durch Besonderheiten zu steigern? Warum nicht dem Verbraucher bieten, was er gerade sucht, und schmackhaft machen, was er morgen will? An Marken dazu fehlt es nicht. Allerdings sind diese ein wenig abseits der konventionellen Branchenmessen zu entdecken. Und auch die Anbieter müssen ihre schönen Produkte durchaus noch marktgängiger ausrichten. In Schönheit sterben wollen schließlich beide Seiten nicht.
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