In vielen Branchen gehört es zum guten Ton, dass sich die führenden Marken auf den Messen in HochForm präsentieren. Doch in der Kindermode ist das – zumindest in Deutschland – anders. Die Big Player sind nur selten anzutreffen.
Wer die Ausstellerverzeichnisse der deutschen Ordertage oder der europäischen Messen im Bereich der Kindermode eingehend studiert, muss sich inzwischen erst einmal an die vielen elektronischen Verzeichnisse gewöhnen, die unter den Veranstaltern offenbar als State of the Art gelten. Allein, einen Standard oder ein Best-Practise-Level für die digitalen Verzeichnisse gibt es genauso wenig, wie sich die Designer und Anbieter auf ein nicht nur optisch schönes, sondern auch inhaltlich alle wesentlichem Angaben enthaltendes Lookbook einigen können. Doch der Mühe Lohn ist ein Überblick über die Vielfalt der Marken, Newcomer, First-Timer und Returner sowie über traditionelle Marken, freche Designer und experimentelle Kollektionen. Dass die Veranstaltungen, deren Besucher sich als „die Branche“ verstehen, doch nur einen Teil des Geschehens ab- oder besser noch aufdecken, ist eigentlich allen klar. Die Fast-Fashion-Anbieter, die in der Regel als vertikal integrierte Marken mit eigenen Designbüros, einem Netzwerk freier Modeschöpfer und neuerdings immer mehr Kooperationen – fernbleiben, ist nicht nur deshalb logisch, weil sie sich gar nicht auf die Kernklientel der Veranstaltungen, an die Facheinkäufer, zielen. Mehr noch: Sie werden nicht einmal gern gesehen, da viele Aussteller befürchten, sie könnten ihre neuen Styles abkupfern und gegebenenfalls schneller auf den Markt bringen als das ideengebende Original. Auch die Discounter, die einen weiteren erheblichen Anteil am Gesamtmarkt mit Baby- und Kinderbekleidung abschöpfen, werden auf den Events ausgeblendet.
Mehr Messen nutzen
„Die Branche“ ist also nur ein Teil des Ganzen – im Übrigen der kleinste. Doch dieser buhlt um inhabergeführte Fachgeschäfte genauso wie um Multi-Label-Shops und Department-Stores. Geschafft
hat es, wer in den Kaufhäusern mittelgroßer Städte Eingang ins Sortiment findet. Und auch umgekehrt: Die dort am stärksten vertretenen Marken, die wir mal „Big Player“ nennen wollen, drängen in die kleinteiligeren Sortimente, um auch hier noch zu wachsen. Im Ausland starke Großmarken wie Boboli oder Mayoral verhalten sich bei der Marktansprache hierzulande in jede Richtung offen und präsentieren sich auf nahezu allen Branchenmessen.
Doch was ist mit den in Deutschland wichtigen Big Playern in der Kinderbekleidungswelt? Sporadische Teilnahmen, zumeist vertreten durch Agenturen, meist aber breite Abstinenz kennzeichnen die starken Marken. Eigene Showrooms, andere Orderrhythmen und monatliche Auslieferungen prägen das Geschehen und offenbar auch die eigene Wahrnehmung. Insofern in Deutschland die meisten Hersteller ihre Messepräsenzen über ihre Handelsagenturen oder Außendienstler wahrnehmen lassen, vergeben auch die mittelgroßen Anbieter die Chance, in die Leerstelle der Großmarken hineinzustoßen. Die einen müssten und die anderen sollten gerade in den für den Einzelhandel herausfordernden Zeiten des Umbruchs ihre Präsenz zeigen – und dem Handel demonstrieren, was die Kollektionen bieten, im Gespräch vermitteln, was funktioniert, zuhören, was benötigt wird, und gemeinsam eine Branche der Stärke, Zuversicht und Innovationskraft präsentieren. Gerade die Big Player sollten mehr tun!
Garcia
Wie viele Unternehmen in der Modebranche, so hat auch Garcia bereits eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Denn gegründet wurde das Label 1972 in Italien von Isabella Mablona Garcia und Maurizio Luigi. Luigi produzierte Jeans für namhafte Hersteller, bevor er eine eigene Marke gründete, die er nach seiner Frau benannte. 1985 übernahm der bisherige Kunde Martin Kouwenberg das Label. Seitdem wächst und gedeiht das Unternehmen, das für den Erfolg niederländischen Geschäftssinn mit einem Schuss italienischer Jeansleidenschaft paart. Das Label versteht sich als Marke für die gesamte Familie. Daher setzt sich der Hersteller auch stark für die Entwicklung von Kindermode ein. Vertrieblich baut Garcia in Deutschland auf eine eigene Mannschaft, die mit Area-Managern in allen Bundesländern nah am Kunden agiert. Um die Zielgruppen gut und schnell bedienen zu können, steht für Garcia eine Lizenzvergabe im Kids-Bereich außer Frage. Nach eigenen Angaben hat sich das Label in die Umsatz-Top-4 im Teen-Bereich emporgearbeitet. Eine Baby- oder Mini-Kollektion gibt es nicht. Für Tim Follmann, Head of Sales bei Garcia, ist eine KIKO-Abteilung unverzichtbar, um Kinder schon früh an ein Haus zu binden. Allerdings könne diese nicht einfach nebenbei betrieben werden, sondern es gehöre Herzblut dazu.
Gegründet: 1972 in Italien gegründet, heute in niederländischer Hand.
Website: www.wearegarcia.com
Guess
Das Label Guess wurde 1981 als reines Unternehmen für Jeanswear von den Brüdern Maurice und Paul Marciano in Kalifornien gegründet und hat sich seitdem zu einer weltweit agierenden Lifestyle-Marke entwickelt. Die Kollektionen, die das Unternehmen entwirft, vermarktet, vertreibt oder lizenziert, umfassen zahlreiche Bereiche wie moderne Bekleidung, Denim, Handtaschen, Uhren oder Schuhe. Die Produkte sind sowohl in den markeneigenen Stores als auch weltweit in führenden Warenhäusern und Boutiquen erhältlich. Im Februar 2018 teilte das Unternehmen mit, in Europa, Asien und auf dem nord- und südamerikanischen Kontinent in über 100 Ländern 1.011 Retail-Stores zu betreiben. 652 zusätzliche Ladengeschäfte werden von Lizenznehmern und Distributoren geführt.
Die neue Guess-Kinderkollektion für den Frühjahr/Sommer 2019 ist von den pulsierenden Städten in Europa, den USA und Japan inspiriert. Die kommenden Looks für Mädchen sind eine bunte Mischung aus bretonischen Streifen, verspielten Blumenmotiven und aufregenden Grafiken in satten Farben und sommerlichen Pastelltönen. Die Looks der Jungs werden bei dem Label Anfang 2019 von Erdtönen, Vetiver, Grau und Schwarz dominiert. In der Kinderbekleidung gibt es die Sublabels Guess Kids und Baby Guess.
Gegründet: 1981
Messen: in Deutschland als Unternehmen auf keinem Ordertag für Kindermode präsent.
Website: www.guess.eu
Marc O’Polo
Das in der mittleren bis gehobenen Preislage angesiedelte Label Marc O’Polo unterteilt sein Kinderprogramm in die üblichen drei Segmente Baby, Kids sowie Junior, in denen die Altersstufen in Bezug auf Funktionalität und Modegrad behandelt werden. Die Kinderkollektion wird von der zur Kanz-Gruppe gehörenden Junior Brands Group in Lizenz gefertigt. Über das Jahr gibt es insgesamt zehn Liefertermine und fünf Ordertermine, jeweils zwei zur Sommer-, zwei zur Winterorder und einen für das Zwischenprogramm, das Liefertermine im Oktober für Weihnachten und im November für den Start in die Pre-Summer-Saison ermöglicht. Innerhalb der Kollektion wird nach Themen unterschieden, die auf den jeweiligen Liefermonat abgestimmt sind. Diese werden stets durch eine „Story of the Month“ flankiert, die eine besondere Kompetenz innerhalb des Kollektionsthemas herausstellt. Im Januar 2019 wird die „Story of the Month“ beispielsweise das Kompetenzthema „Recycling“ sein. Und so werden recycelte Denims oder Shirts mit einem Anteil aufbereiteter Baumwolle, die mit lässigen Hoodies kombiniert werden können, angeboten. Das Angebot für Kinder wird aktuell über rund 200 Verkaufspunkte lanciert, sowohl online, als auch stationär, und als Ordermesse steht die Supreme Kids in München an erster Stelle.
Showrooms: in den Orderzentren Hamburg, Neuss, Eschborn, Sindelfingen und München
Website: www.marc-o-polo.com/kindermode/
Review
Die Marken Review for Kids und Review for Teens gibt es seit Mitte der 1990er-Jahre. Sie richten sich an Mädchen und Jungen mit den Konfektionsgrößen 92 bis 140 sowie an trendbewusste Teens beiderlei Geschlechts mit den Größen 128 bis 176. Auch Mütter im Alter von 25 bis 45 Jahren bedient das Label. Die Preislage reicht bei den Kids von 9,99 Euro bis 79,99 Euro, die bei den Teens am oberen Ende um zehn Euro höher liegen kann. Jacken und Mäntel, die teuerste Kategorie, startet bei 29,99 Euro beziehungsweise bei 34,99 Euro. Review zeichnet sich durch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aus. Die etwa 250 Händler, die die Kinderlinien von Review verkaufen, bedienen sehr unterschiedliche Bedürfnisse, sodass
die Kollektionen relativ breit und ausgewogen aufgestellt werden. So ordern manche Handelspartner die Komplettkollektion, während sich andere nur modische Highlights als Ergänzung herauspicken. Der Aufbau des Programms setzt kommerzielle und volumenfähige Kompetenz- und Bedarfsartikel gleichermaßen um, die von modischen Highlightern und Key-Outfits abgerundet werden. Beide Saisons eines Jahres werden mit sieben Lieferterminen abgedeckt. Zusätzlich reagiert man, um aktuell zu sein, auf Trends und Topseller mit entsprechenden Nachkäufen.
Gegründet: 1995, von der 2014 gegründeten International Brands Company (IBC) verantwortet.
Website: www.peek-cloppenburg.de
s.Oliver
Die 1969 von Bernd Freier gegründete s.Oliver Group gilt heute als einer der führenden europäischen Modekonzerne und wies 2016 einen Markenumsatz von 1,67 Milliarden Euro aus. International beschäftigt das Unternehmen rund 7.400 Mitarbeiter, davon rund 5.200 in Deutschland. Der in den Anfängen als „Oliver Twist“ bezeichnete Kindermodebereich wird heute als s.Oliver Junior geführt und umfasst Outfits für Babys sowie Kids und Teens, jeweils für beide Geschlechter. Das Stichwort „Vertrauen“ ist für Stephanie Haas, Division Head des Junior-Bereichs, sehr wichtig. Dabei geht es darum, dass Kunden darauf vertrauen können, in Sachen Stil, Qualität, Passform und Preis immer eine passende Lösung von s.Oliver geboten zu bekommen. Der Fokus liegt dabei auf der Tragbarkeit, also auf Styles, die den Anforderungen des Alltags gerecht werden und zugleich modischen Ansprüchen genügen. Das macht das Shoppen für viele Eltern entspannter. Die Junior-Division nimmt zwar eine positive Entwicklung, allerdings ist laut Haas der Teenager-Markt sehr anspruchsvoll. Hier werde das Haus umdenken und neue Wege gehen. Es brauche Ideen, sowohl produktseitig als auch im Handel, um die Warensteuerung zu optimieren, Spannung auf die Flächen zu bringen und attraktive Einkaufswelten zu schaffen.
Messen: nach Angaben von s.Oliver sind Messeauftritte aufgrund der unternehmenseigenen Vertriebsstruktur nicht relevant.
Website: www.soliver.de