Fisher-Price ruft die Babywiege „Rock ’n Play Sleeper“ zurück – nachdem 32 Todesfälle auf ihren Einsatz zurückgeführt wurden. Damit verschwindet ein amerikanischer Topseller, der seit 2010 eigentlich nicht mehr hätte beworben werden dürfen.
Die US-amerikanische Verbraucherschutzbehörde CPSC (Consumer Product Safety Commission) und Fisher-Price aus dem Mattel-Konzern warnen nach mehreren Todesfällen vor der weltweit rund 4,7 Millionen Mal verkauften Fisher-Price-Babywiege „Rock ’n Play Sleeper“. Nach Angaben der US-Behörde sind seit 2015 bereits zehn Todesfälle von Babys im Alter von drei Monaten oder älter bekannt geworden, die im Zusammenhang mit der Babywiege aufgetreten sind. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete von 32 Todesfällen seit 2009. Zuvor hatten sich Säuglinge auf den Bauch oder seitwärts gedreht, ohne durch den vorhandenen Gurt gesichert gewesen zu sein. Die Babywiegen werden auch in Deutschland, zumindest über den Online-Handel, vertrieben. Fisher-Price selbst hatte die Modelle auch nach Bekanntgabe am 5. April 2019 auf der Website noch im Sortiment. Das Unternehmen warnte zunächst lediglich davor, die Wiege ohne den Dreipunktgurt zu nutzen, sobald Babys imstande sind, sich von alleine zu drehen. Die CPSC rät darüber hinausgehend gänzlich davon ab, die Wiege für Säuglinge zu verwenden, die älter als drei Monate sind – und auch nicht für jene, die bereits vorher entsprechend wendig sind.
Inzwischen hat das Unternehmen eingelenkt und entschieden, die Babywiege weltweit freiwillig zurückzurufen. „Während wir weiter zur Sicherheit unser Produkte stehen, haben wir angesichts der berichteten Vorfälle, in denen unser Produkt entgegen den Sicherheitswarnungen und -anweisungen eingesetzt wurde, gemeinsam mit der Verbraucherschutzkommission CPSC entschieden, das der freiwillige Rückruf die beste Vorgehensweise ist.“
In Deutschland waren nach Angaben der hiesigen Presseabteilung des Unternehmens insgesamt weniger als 100 Tragen verkauft worden. Verbraucher sollen die Wiegen ab sofort nicht mehr benutzen und Fisher-Price zwecks Rückerstattung oder Erhalt eines Gutscheins kontaktieren.
Während der Abverkauf hierzulande äußerst dürftig war, trifft der Rückruf und der damit einhergehende Reputationsverlust das US-amerikanische Unternehmen und die Marketingverantwortlichen von Fisher-Price empfindlich. Spielen derartige Produkte in Deutschland eine nur untergeordnete Rolle, genießt die Babywiege „Rock ’n Play Sleeper“ in den USA nahezu Kultstatus und ist weithin verbreitet. Die hohe Verkaufszahl von 4,7 Millionen Exemplaren zeigt die enorme Verbreitung, zumal Babywiegen, wie viele andere Babyprodukte auch, nach dem Gebrauch oft an Freunde weitergereicht werden. Einem Beitrag in dem US-Magazin New Yorker zufolge wurde für jedes achte Baby in dem betreffenden Zeitraum diese Fisher-Price-Wiege verkauft.
Seit der Markteinführung begegneten Eltern oder werdende Eltern unzähligen Verbraucherkommentaren, die die besonderen Vorzüge dieses Modells, den Nachwuchs erfolgreich in den Schlaf zu wiegen, lobten. Nun also musste Fisher-Price den ungebrochenen Verkaufserfolg jäh unterbinden, indem es Konsumenten aufforderte, das Produkt ab sofort nicht mehr zu nutzen. Der Entscheidung voraus ging eine Untersuchung der Consumer Reports von Rachel Rabkin Peachmen, die 32 Todesfälle auf den Gebrauch der Babywiege zurückführte. Die CPSC warnte daraufhin am 5. April 2019 zunächst lediglich vor einem unsachgemäßen Gebrauch des Modells und sprach von zehn Todesfällen, forderte aber keinen Rückruf. Nur vier Tage später kritisierte Kyle Yasuda, der Präsident der American Academy of Pediatrics (AAP), diese Warnung als unzulänglich und veröffentlichte ein vernichtendes Statement: „Dieses Produkt ist tödlich und sollte sofort zurückgerufen werden.“ Weiter hieß es: „Wenn Eltern ein Produkt für ihr Baby oder Kind kaufen, gehen viele davon aus, dass es, wenn es in einem Geschäft verkauft wird, sicher zu verwenden sein muss. Tragischerweise ist das nicht der Fall. Es gibt überzeugende Beweise dafür, dass der Rock’n-Play-Schrägschläfer das Leben von Säuglingen gefährdet, und die CPSC muss unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um ihn aus den Geschäften zu entfernen und weitere Tragödien zu verhindern.“ Darüber hinaus wurde auch bemängelt, dass die gesamte Ausstattung nicht den AAP-Empfehlungen für einen gesunden Kinderschlaf entspreche. Tatsächlich hatte die CPSC entgegen ihren 2010 neu eingeführten verpflichtenden Standards für Krippen und Kinderwagenwannen Mattel eine Ausnahmegenehmigung erteilt, um die über eine Neigung von zehn Prozent hinausgehende Babywiege weiter als „safe for overnight sleep“ zu vermarkten, wie es auf einigen Verpackungen heißt. Doch nach dem jüngsten Einspruch der AAP erfolgte nunmehr in einem neuerlichen Statement der verpflichtende Rückruf durch die CPSC.