Es ist kein leichtes Unterfangen, wenn man wie das Unternehmen Margarete Steiff eine Lizenz zurücknimmt. Mit viel Elan gelang es dem Steiff-Team, Kollektionsgestaltung, Produktion und Lieferung im Haus neu aufzusetzen. Und das mit Erfolg.
Childhood Business: Herr Graf, als Sie die Verantwortung für die Fashion-Unit der Steiff-Gruppe übernommen hatten, war Ihnen damals schon bewusst, was alles auf Sie zukommen würde?
Andreas Graf: Natürlich war uns allen klar, dass die Rücknahme der Lizenz und das Umsetzen in eigener Regie eine Menge neuer Aufgaben mit sich bringen würde. Wir sind gestartet wie ein Startup im eigenen Unternehmen, haben ein Textilteam aufgebaut und wir wachsen mit jeder Herausforderung, die auf uns zukommt. Unser Lieferantenportfolio ist mittlerweile stabil und wir können jede Produktgruppe mit einem Spezialisten abdecken. Die eigene Logistik, die wir hier in Giengen aufgebaut haben, ist komplett auf Textil ausgerichtet und hat sich bestens bewährt. Mittlerweile sind wir mehr als 30 Mitarbeiter im Unternehmen, die sich nur mit der Bekleidung beschäftigen. Und die Abläufe in allen Bereichen werden mit jeder Saison routinierter.
CB: Bei der Kollektionsentwicklung schien in der ersten Saison noch etwas Unsicherheit vorzuherrschen. An welchen Stellen musste ein wenig nachgeregelt werden?
AG: Gerade in der ersten Saison war unsere Startphase geprägt vom Aufbau unserer Zulieferpartner und den daraus resultierenden Produkten sowie Produktgruppen. Wir konnten natürlich nicht gleich vom Start weg die frühere Produktvielfalt und -tiefe bieten. Das ist heute anders! Wir sind gut aufgestellt im Design und Produktmanagement und haben mit der S/S-20-Kollektion die volle Tiefe und Ausrichtung gebracht, die die Kunden gewohnt waren. Dies hat uns einen großen Zulauf an Kunden beschert. Und das Feedback aus dem Handel ist durchweg positiv. Wir können jetzt eine eigene Handschrift zeigen, die sich klar an das Haus Margarete Steiff anlehnt, die Themen der Plüschkollektion aufnimmt und noch besser widerspiegelt. Man findet weiterhin klassische Themen in unserer Kollektion, aber auch neue Ideen. So haben wir eine Rainwear-NOS-Kollektion auf den Markt gebracht und auch die Features unserer Outerwear optimiert. Hier haben die Artikel nunmehr eine Wassersäule von 8.000 mm und weisen getapte Nähte auf. Auch das Portfolio an Accessoires haben wir verstärkt.
CB: Mit ihren festen Showrooms haben Sie auch vertrieblich in einer unter Druck stehenden Branche deutliche Zeichen gesetzt. Welchen Support liefern Sie mit Ihrem Vertrieb für Ihre Handelspartner?
AG: Wir stehen zu unserer Investition in das Showroom-Netzwerk und bieten Kunden ein emotionales Markenerlebnis. Die Showrooms haben sich in jedem Fall bewährt! Wer bei uns kauft und einen Showroom-Termin wahrnimmt, soll die Kraft von Steiff spüren und selber erleben können. Dazu braucht es einfach das passende Ambiente. Unsere Fashion-Kunden erhalten damit auch einen Zugang zu unserem Plüsch-Sortiment und können so auf ein deutlich größeres Produktportfolio zugreifen als bisher. Das stärkt die Marke, den Auftritt beim Kunden – und es ermöglicht Synergien auf der Fläche sowohl im Marketing als auch bei gemeinsamen Aktionen. Unsere Fashion-Kunden sehen, wie sich Cross-Selling in der Präsentation und als zusätzlicher Umsatzbringer auf ihren Flächen auszahlt.
CB: Die zeitgerechte Auslieferung einer Kollektion ist in der Branche ein großes Thema. Wie hat sich das Thema unter Ihrer Regie inzwischen eingeregelt?
AG: Dieses Thema steht für uns an erster Stelle und wir arbeiten stetig daran, dieses zu verbessern. Wir haben in jeder Saison große Fortschritte erzielt. Und mit jeder Kollektion, die wir mit unseren ja noch neuen Lieferanten zusammenarbeiten, wächst die Erfahrung auf allen Seiten, sodass die Prozesse immer reibungsloser funktionieren. Das ist das größte Thema und der erste Hebel, den wir angepackt hatten. Ziel ist es, ein guter und berechenbarer Partner für unsere Kunden zu sein. Und wir arbeiten mit Hochdruck daran. Wir sind dabei sehr dankbar für das Vertrauen und Verständnis, das uns unsere Kunden entgegenbringen.
CB: Stimmt die Kollektion und wird diese auch geliefert, sollte eine Marke wie Steiff starke Umsätze liefern. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis in 2019?
AG: Ziel in 2019 war es, den bisherigen Umsatz ins eigene Unternehmen zu holen, was uns gelungen ist – und der sogar noch übertroffen wurde. Das war ein wichtiger Meilenstein. Und darauf lässt sich aufbauen. Die Potenziale der Marke sind groß und lassen sich noch deutlich durch neue Produktgruppen und Kollektionsstrategien erweitern. Auch die Synergieeffekte zu Plüsch werden uns Rückenwind bescheren. Und sie erlauben uns, stationär eine einmalige Steiff-Welt zu erschaffen, mit der unsere Handelskunden eine attraktive Baby- und Kinderfläche gestalten können. Eine Marke wie Steiff lebt von der Wiedererkennung und Fernwirkung auf der Fläche und wird durch den „One-Steiff“-Gedanken geprägt. Daher arbeiten wir daran, bei unseren Leuchtturmkunden Flächen zu schaffen, auf denen die Marke im gesamten Umfang abgebildet wird.
CB: Welche Rolle spielen Auslandsmärkte, auch jenseits von Österreich und der Schweiz, für den Umsatz der Steiff Collection?
AG: Steiff Fashion ist derzeit in 17 Ländern erhältlich. Unsere Fokusmärkte jenseits des DACH-Raums liegen in Asien und in den USA. Wir haben erst in 2019 begonnen, in die Staaten zu gehen und arbeiten vor Ort mit sechs Vertretern. In Asien waren wir bereits mit Retail-Partnern vertreten und sind dabei, uns hier noch stärker aufzustellen. Seit Anfang 2020 arbeiten wir mit einem neuen Partner in China zusammen, der den Retail- sowie den Wholesale-Bereich abdecken wird.