Play fair bei Hust & Claire

Dieses Motiv aus der S/S-2020-­Kollektion könnte sinnbildlich für die Haltung des Hauses stehen: Wir halten immer zusammen.
Dieses Motiv aus der S/S-2020-­Kollektion könnte sinnbildlich für die Haltung des Hauses stehen: Wir halten immer zusammen.

Nicht nur viel versprechen, sondern vor allem: alles einhalten. So könnte man die Firmenpolitik von Hust & Claire beschreiben. Darin unterscheidet sich der dänische Hersteller von Kindermode von manch großem Anbieter in Deutschland. Grund genug, den Inhaber Nikolaj Hust
in Childhood Business vorzustellen. 

Es gibt vermutlich kaum ein Unternehmen im Bereich der Kindermode, dessen Eigentümer und Geschäftsführer ebenso ausgeruht, lässig und höflich daherkommt wie die einzelnen Items seiner Kollektionen. Doch wer Nikolaj Hust von Hust & Claire persönlich trifft, der fühlt sich wie in einen anderen Raum und in eine andere Zeit versetzt. Ein breites Lächeln ist das Erste, was man von ihm geschenkt bekommt, wobei seine Augen ebenso neugierig wie das nachfolgende Gespräch auszuloten suchen, ob denn beim Gegenüber „alles gut“ sei. Als Nächstes ist man schon beim dänischen Du und schnell mittendrin in einer entspannten Stimmung, bei der man sich gern das Label Hust & Claire anschaut, in die Ware greift und darüber staunt, wie bedacht und nachhaltig am Firmensitz in Ikast, dem skandinavischen Wool Valley, ge­wirkt und gewoben wird.

Nikolaj Hust, Vater dreier Kinder im  Alter von neun bis 15 Jahren, ist seit 2019 Mehrheitsgesellschafter der Claire Group. Das 1975 von seinem Vater Anders gegründete Unternehmen steht nicht nur hinter dem Kids-Label Hust & Claire, sondern betreibt in Skandinavien 21 eigene Geschäfte. Wachstum steht bei Nikolaj Hust erst an dritter Stelle. Davor liegen ihm Familie und Respekt besonders am Herzen.
Nikolaj Hust, Vater dreier Kinder im Alter von neun bis 15 Jahren, ist seit 2019 Mehrheitsgesellschafter der Claire Group. Das 1975 von seinem Vater Anders gegründete Unternehmen steht nicht nur hinter dem Kids-Label Hust & Claire, sondern betreibt in Skandinavien 21 eigene Geschäfte. Wachstum steht bei Nikolaj Hust erst an dritter Stelle. Davor liegen ihm Familie und Respekt besonders am Herzen.

Diese Gelassenheit geht dabei mitnichten auf Kosten des unternehmerischen Erfolgs. So konnte das Unternehmen, das sowohl produziert als auch verkauft, 2019 zum fünften Mal in Folge ein positives Ergebnis vermelden. Der Nettogewinn betrug nach Abschreibungen und Steuern 6,7 Millionen DKK, was umgerechnet knapp 900.000 Euro entspricht. Die Claire Group hat drei Geschäftsbereiche: die Damenbekleidungsmarke Claire Woman, die 1984 lancierte Kinderbekleidungsmarke Hust & Claire und eine eigene Retail-Sparte mit insgesamt 21 Geschäften in Dänemark und Norwegen. Daraus resultiert auch die relativ hohe Personalstärke von rund 200 Mitarbeitern.

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

Gegründet wurde das Unternehmen 1975 von dem früheren Bankmanager und Fußballspieler Anders Hust. Auch heute noch ist Anders Hust geschäftsführender Gesellschafter, zusammen mit seinem Sohn Nikolaj Hust, der sich übrigens ebenfalls als Fußballer einen Namen gemacht hat. Der heute 41-Jährige erzielte als dänischer Nationalspieler in der U-21 sechs Tore und war Spezialist für das defensive Mittelfeld. Deutschland kennt er bereits aus der Zeit, als er von Fortuna Düsseldorf verpflichtet wurde. 

Aus dieser Zeit könnte auch sein Faible für Fair Play stammen, das ihn heute als Mehrheitsaktionär der Claire Group auszeichnet. Vermutlich aber liegt es dem einfühlsamen Nikolaj in den Genen. Sein Sinn für Familie, Mitarbeiter und Geschäftspartner lässt sich an zahlreichen Details ablesen. Bevor er von seinem Vater 90 Prozent der Firmenanteile übernahm, machte er diesem ein ganz besonderes Geschenk. So schrieb er ihm ein sehr persönliches Buch unter dem Titel „AH – 25 timer i døgnet“ (übersetzt: 25 Stunden pro Tag). Es bietet einen intimen Einblick in die Familie und das Unternehmen der Husts. Und es verdeutlicht, dass Nikolaj Hust einen sehr klaren Blick darauf hat, was sein Vater geschaffen hat und von ihm als Sohn ebenso behutsam wie erfolgreich bewahrt und fortgeführt werden soll. Eines aber, so heißt es am Ende des Buches, wolle der Junior in jedem Fall anders machen. Er müsse ja nicht abends bis 22 Uhr in der Firma sitzen. Lieber wolle er, sooft es möglich ist, seine Kinder von der Schule abholen. Und das nötige Extrastündchen dann abends vom Homeoffice aus erledigen. 

Damit war Nikolaj Hust in gewisser Weise auch auf die neuen Umstände in Zeiten von Corona vorbereitet. Stolz kann er darauf sein, dass er keinen der 200 Mitarbeiter entlassen musste. Im Gegenteil, boten diese ihm doch an, auf einen Teil ihres Gehalts zu verzichten, um das Unternehmen zu entlasten. Im Gegenzug gab es mehr Freizeit – und ein vermutlich einmaliges Versprechen. Wenn sich das Unternehmen bis Ende 2021 wirtschaftlich behauptet, wird der Gewinn mit den Mitarbeitern geteilt. Auch wurde inmitten dieser Zeit das Team in Deutschland durch Stefan Frenz, von Tumble ’N Dry kommend, vergrößert.

Zur Stärkung der internationalen Entwicklung wechselte bereits im Juli 2019 Bernd Heldens, bis dahin Country-­Manager für Vingino, als Head of Sales Central Europe zum Unternehmen. Auch er berichtet begeistert, dass es selbst zu Zeiten, als er nicht nach Dänemark reisen konnte, nie zu einem Abbruch der engen Bande kam. Im Gegenteil: Das Unternehmen zog sich nicht zurück, sondern bot Händlern durch ein allgemein verlängertes Zahlungsziel oder individuelle Lösungen Unterstützung an, um durch die schwere Zeit des Corona-Frühjahrs 2020 zu kommen. In persönlichen Videobotschaften wandte sich Nikolaj Hust an seine Handelspartner und zeigte Flagge, erklärte, was möglich ist, und versicherte Vertrauen während der allgemeinen Verunsicherung.

All das hilft auch Oliver Kühn, der seit 2012 mit seiner Agentur für dänische Kindermode die Kindermodekollektion als Generalagentur in der D-A-CH-Region sehr erfolgreich vertritt. Ab dem Sommer 2020 soll der Support noch konkreter werden. So werden aktuell Marketingpakete geschnürt, die zum Beispiel Materialien für Social Media beinhalten. Ziel ist es, beim Verkaufen stärker zu unterstützen. Bei allem gilt für Hust: „Wir wollen lieber langsam als ungesund wachsen.“ Allem Handeln wohnt eine Maxime inne: Respekt – und zwar vor Mitarbeitern, Kunden und auch den Zulieferern. So ist die Claire Group nach eigenen Angaben in Skandinavien das einzige SA8000-zertifizierte Modeunter­nehmen, das auch in den Produktionsbetrieben nicht nur auf faire Bedingungen hofft, sondern ganz konkret darauf achtet. Nachhaltigkeit betrifft nämlich nicht nur Materialien, sondern immer auch Menschen in der Produktion. 

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Original aus CHildhood Business:

Cover der Ausgabe 07-08/2020 von Childhood Business

Dieser Beitrag erschien in der gedruckten Ausgabe 07-08/2020 von Childhood Business.

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