Papa, der nette Trottel

Das Bild eines Kindes von seinem Vater ist das ziemliche Gegenteil vom Bild des Vaters in den Medien. Der echte Papa ist für Kinder noch ein Held. Ich werfe Lottchen in die Höhe und fange sie leichthändig wieder auf, ich raufe mit ihr im Bett und klettere mit ihr auf die Rutsche. Papa trägt das Fahrrad und die schweren Sachen. Er lenkt das Auto und kennt den Weg. Ich beschütze Lottchen im Sandkasten vor frechen Jungs und verjage den Nachbarshund.

Lottchen ist sogar der Meinung, dass ich alles reparieren kann, obwohl sich meine handwerklichen Fähigkeiten in Grenzen halten. Kurzum: Der reale Papa ist stark, mutig und klug. 

Dagegen ist der Papa in den Medien ein alberner Trottel. Die meisten TV-Werbespots zeigen ihn als halblustigen Pausenclown, der tapsig durchs Bild stolpert und dazu blöd grinst.

Von Homer Simpson über Al Bundy bis hin zu Family Guy gehört der trottelige Familienvater zum Standardrepertoire der Popkultur. Bösewicht Darth Vader in Star Wars ist ausnahmsweise kein Depp, aber auch kein Sympathieträger. 

Die Indoktrination beginnt schon bei den Kleinsten. Lottchens Lieblingsserie ist „Peppa Wutz“. Schweinchen Peppa erlebt ihre altersgerechten Abenteuer im Kindergarten oder mit der besten Freundin und ihre Charakterstärke macht sicherlich die Attraktivität der Figur aus. Aber das Vaterbild ist zeitgemäß trottelig.

Papa Wutz hat Angst vor dem Fliegen und blamiert sich als Zauberer auf dem Kindergeburtstag. Als er im Gewitter nass wird, will er wie ein großes Kind von Mama Wutz abgetrocknet werden.

Er kann natürlich nicht Karten lesen und verirrt sich im Wald. Mutti und Töchterchen Peppa helfen ihm regelmäßig aus peinlichen Missgeschicken. Muttis dunkle Vorahnungen – dass Papa die Wohnung versaut oder zu unfähig ist, ein Bild an die Wand zu nageln oder mit dem Seifeneimer hinfallen würde – treten prompt ein.

Einen solchen Versager schleppt die Familie halt mit, aber zum Vorbild taugt er nicht. Das Beste, was man über Papa Wutz sagen kann, ist, dass er wie ein älterer Bruder (mit Portemonnaie) Peppa bei allen Abenteuern begleitet. 

All diese Kinderserienpapas haben eines gemeinsam: Sie erziehen nie. Die häufigsten Elternworte in der Realität sind doch von der Art: „Lass das“, „iss ordentlich“, „wir müssen jetzt Zähne putzen“.

Erziehen heißt, ein Kind, das musikalisch begabt ist, behutsam mit Liebe und Konsequenz zum Üben zu bringen. Der Serienpapa dagegen ist ein lustiger Kumpel, genau nach dem Geschmack der Marketingprofis. Ein Spielverderber ist er nie. Verbote kennt er nicht.

Nie würde er im Supermarkt sagen: „Heute kaufen wir keinen Peppa Wutz Schokoladenpudding“ – ein Satz, der Lottchen schon mal nahe ans Weinen bringen kann. Da würde doch das professionell durchgetaktete Merchandising ins Stottern geraten. Der Trottel-Papa leistet keinen Widerstand. Das erklärt seine Medienkarriere.

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