Gemeinsam auf grünen Pfaden: Die Unternehmen Ricosta und Sympatex klären über den Einsatz von Recyclingmaterialien auf. Und mit einem Büchlein wenden sie sich an die Kunden von morgen.
Die Vermeidung von Schadstoffen, die Reduktion des Einsatzes von Ressourcen und Re- oder Upcycling sind Themen, die Verbraucher wie Hersteller gleichermaßen beschäftigen oder beschäftigen sollten. Gerade im Bereich der Funktionsmaterialien gilt es, auf ebenso saubere wie sparsame Produkte zu achten. Ohne Funktionsmaterialien wären viele der wünschenswerten Eigenschaften von Bekleidungs- und Schuhprodukten im Outdoor- und Wintersegment im Hinblick auf die heutigen Ansprüche nicht zu erreichen.
„Aktuell verbrauchen wir die Reserven der Generation unserer Kinder – und hinterlassen ihnen wachsende Müllberge“, erklärt Dr. Rüdiger Fox, CEO von Sympatex Technologies. „Wir versuchen unseren Teil dazu beizutragen, dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Wir werden nicht aufhören, exemplarisch aufzuzeigen, was bereits heute im Schuhbereich in Sachen Ökologie möglich ist, bis es uns in der Industrie gemeinsam gelungen ist, den Rohstoffkreislauf zu schließen. Dieses Projekt verbindet höchste Ansprüche an Performance und moderne Schuhproduktion mit gleichzeitig optimierter Nachhaltigkeit. Wir laden die gesamte Industrie ein, diese bereits heute verfügbaren technischen Möglichkeiten hemmungslos zu kopieren“, ergänzt Fox.
Der Kinderschuhhersteller Ricosta setzt auf recycelte Sympatex-Materialien und gemeinsam starten beide Unternehmen eine Aufklärungskampagne. Childhood Shoes sprach dazu mit der Footwear-Expertin Monica Billes über die Sympatex-Aktivitäten.
Childhood Shoes: Seit 1986 ist Sympatex ein bekannter Anbieter von Hightech-Funktionsmaterialien für Bekleidungen und Schuhe. Welche Hersteller im Kinderschuhbereich nutzen Materialien aus Ihrem Haus?
Monica Billes: Wir arbeiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit erfolgreichen Kinderschuhmarken zusammen. Dabei handelt es sich unter anderem um Brütting, Däumling, Kangaroos, Lurchi von Salamander, Richter und Ricosta.
CS: In welchem Verhältnis stehen Sympatex-Produkte im Schuhbereich zu solchen im Textilbereich? Welcher Markt ist größer? Und können Sie abschätzen, wie viele Paar Kinderschuhe mit Sympatex pro Jahr ausgestattet werden?
MB: Durch die langjährige Zusammenarbeit mit unseren Kinderschuhkunden haben wir große Erfahrungswerte im Bereich funktioneller Schuhe für Kinder aufgebaut und uns hier eindeutig einen USP geschaffen. In der Sympatex-Business-Unit „Footwear“ ist der Bereich Kinderschuhe daher eine stabile und kontinuierlich wachsende Umsatzgröße. Genaue Paarzahlen liegen uns leider nicht vor. Unsere Units „Apparel“ und „Footwear“ sind in etwa gleich erfolgreich.
CS: Was zeichnet Sympatex beim Einsatz im Kinderschuh aus und in welchen Bereichen fin-
den Sympatex-Materialien außerdem Verwendung?
MB: Im Freien sind Kinderfüße allen Witterungsbedingungen unmittelbar ausgesetzt. Perfekten Schutz und somit mehr Spaß beim Toben draußen bieten Kinderschuhe mit Funktionslaminaten, die mit der zu 100 Prozent wasserdichten Sympatex-Membran ausgestattet sind. Bei Sympatex bieten wir passende Laminate für jedes Wetter und jede Temperatur, also eine Kombination aus hoher Atmungsaktivität mit sehr guter Isolation bei kaltem Wetter und hoher Wärmeleitfähigkeit plus Feuchtigkeitsmanagement bei warmem Wetter.
Der Aufbau der Laminate und die verwendeten Materialien sind sehr präzise aufeinander abgestimmt und werden regelmäßigen Qualitätsprüfungen unterzogen. Dabei werden hauptsächlich drei- bis vierlagige Futterlaminate sowie dreilagige Oberstofflaminate verwendet. Die hohe Strapazierbarkeit der Sympatex-Membran ermöglicht eine optimale Verarbeitung der Laminate in der Schuhproduktion. Die Sympatex-Materialien werden in allen Schuhkategorien eingesetzt, also abgesehen von „Kids“ auch in „City“, „Outdoor & Sport“ und selbstverständlich auch im Bereich „Arbeitsschutz & Safety“.
CS: Wie funktioniert eine Sympatex-Membran eigentlich?
MB: Die porenlose kompakte Sympatex-Membran arbeitet – im Gegensatz zu anderen Membrantechnologien – nach einem physikalisch-chemischen Prinzip. Der wasserliebende oder auch hydrophile Teil der Membran nimmt die Feuchtigkeit vom Körper auf und gibt sie durch Verdunstung nach außen ab. Dabei werden die Wasserdampfmoleküle entlang der hydrophilen Molekülketten nach außen transportiert. Die Molekularstruktur der hydrophilen Bestandteile der Sympatex-Membran quillt durch Feuchtigkeit auf und bietet somit Raum für den Wasserdampftransport und eine schnelle Verdunstung. Der Effekt nimmt mit einem ansteigenden Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschied zu. Voraussetzung für die Funktionsweise ist ein Partialdruckgefälle von Temperatur und Luftfeuchtigkeit von innen nach außen.
Bei kalten Bedingungen ermöglicht die geschlossene Struktur der Sympatex-Membran eine optimale Isolation. Bei warmen Bedingungen oder hoher Aktivität reagiert die Membran hingegen dynamisch. Das bedeutet: Je mehr der Körper schwitzt, desto mehr Feuchtigkeit kann die Membran nach außen transportieren. Die Wirksamkeit unserer „Smart Dynamic Membrane Technology“ nimmt somit dynamisch und bedarfsorientiert zu. Als Maßeinheit für die Atmungsaktivität wird unter anderem der RET-Wert (Resistance Evaporation Transmission) verwendet. Er bezeichnet den Widerstand, den ein Material dem Wasserdampfdurchgang entgegensetzt. Bei einem RET-Wert von unter 6 spricht man von einer sehr guten Atmungsaktivität. Die Sympatex-Membran ist mit RET-Werten von bis zu 0,5 der absolute Spitzenreiter.
CS: Warum sind Ihre Produkte umweltfreundlicher als die anderer Anbieter?
MB: Die Grundlage für unsere Umweltfreundlichkeit ist unser Kernprodukt, die hochfunktionelle Sympatex-Membran. Sie besteht aus einer Verkettung von Polyester- und Polyethermolekülen. Die Membran ist PTFE-frei und PFC-frei sowie zu 100 Prozent recycelbar, genauso wie eine PET-Flasche. Sie ist umwelt- und hautfreundlich, Oeko-Tex-Standard-100-zertifiziert sowie Bluesign-approved. Darüber hinaus erzeugt die Sympatex-Membran 50-mal weniger CO2 im Vergleich zu einer PTFE-Membran. Und selbst diesen geringen Ausstoß kompensiert Sympatex seit 2017 über den Erwerb von Klimaschutzzertifikaten.
Abgesehen von unserem Kernprodukt hat sich unser Unternehmen konsequent dem Thema „Nachhaltigkeit“ verschrieben – nicht nur, um den Bekleidungs- und Schuhherstellern ein zuverlässiger und attraktiver Partner zu sein, sondern auch, um sich als Lösungsfinder für globale Herausforderungen in der Textil- und Schuhindustrie einzusetzen. Wir selbst haben Anfang letzten Jahres die „Agenda 2020“ ausgerufen. Unser Ziel ist es, das gesamte Sympatex-Laminat-Portfolio bis 2020 nachhaltig zu gestalten. Sympatex bietet sein Portfolio in fünf Laminatskategorien an, deren Einstufung sich ausschließlich an nachhaltigen Aspekten orientiert. Diese reichen von „10 Prozent Sympathy Inside“ für das derzeit noch geringste Maß an Nachhaltigkeit bis hin zu „100 Prozent Sympathy Inside“ für die beste ökologische Kategorie, die alle Voraussetzungen für einen nachhaltig geschlossenen Bekleidungskreislauf erfüllt. Die niedrigste Kategorie, „10 Prozent Sympathy Inside“, haben wir bereits Ende 2017 eliminiert.
CS: Gemeinsam mit Ricosta stellen Sie in den kommenden Monaten das Thema „Recycling“ in den Vordergrund. Wie groß ist eigentlich der Anteil an Sympatex-Materialien aus recycelten PET-Flaschen gegenüber der klassischen Herstellung?
MB: Etwa ein Drittel der aktuellen Footwear-Kollektion ist bereits aus recycelten Materialien. Wir bauen den Anteil recycelter und wiederum recycelbarer Laminate seit Ende 2016 kontinuierlich aus. Wir halten es dabei immer mit unserem Credo „Sustainability meets Performance“, das heißt, die Leistungswerte unserer recycelten Materialien sind gegenüber den nicht recycelten Materialien auf hohem Niveau vergleichbar.
CS: Im Rahmen der Kooperation sind die Futterstoffe auf Recyclingbasis produziert. Sind auch die Membrane durch Wiederverwertung herstellbar?
MB: Ja, bereits im Jahr 2011 hat Sympatex bei der Herstellung der Membran erstmals ein Pre-Consumer-Recyclingverfahren serienmäßig eingeführt, um so die Materialeinsatzmenge um bis zu 15 Prozent zu reduzieren. Die Material- und damit auch Energieeinsparung wird dabei durch die sortenreine Rückführung anfallender Ausschuss-Membranteile in den Produktionsprozess erreicht. Der nächste große Schritt folgte im Herbst 2016 mit der Einführung der zu 100 Prozent recycelten Membran, für die bisher ungenutzter Membranausschuss vollständig wiederaufbereitet wird.
CS: Gehören Futterstoffe zu den klassischen Sympatex-Produkten oder handelt es sich um eine Sonderaktion?
MB: Nein, es handelt sich um keine Sonderaktion. Im Gegenteil: Der kontinuierliche Ausbau der
recycelten Ober- und Futterstoffe im Sympatex-Portfolio ist Teil unserer „Agenda 2020“. Vergleicht man die Herstellung von einem Kilogramm der recycelten Polyesterfasern mit einem Kilogramm erdölbasierter Polyesterfasern, ist die Ökobilanz hervorragend: etwa ein Drittel CO₂-Reduktion, ca. 60 Prozent Energieeinsparung und rund 90 Prozent weniger Wasserverbrauch. In Gesprächen im „Sympathy Lab“ überzeugt das auch unsere Kunden.
CS: Ihr Unternehmen weist ja auch darauf hin, dass sich Sympatex selbst hervorragend recyceln lässt. Wie lassen sich die Lagen der Stoffe trennen?
MB: Im „Sympathy Inside“-Portfolio bauen wir nicht nur den Anteil recycelter Laminate aus, sondern auch den Anteil sortenreiner Polyester-Laminate. Diese müssen für den Recyclingprozess nicht mehr getrennt werden und bieten somit die besten Voraussetzungen für diesen. Umgekehrt eliminieren wir Stück für Stück Laminate mit schwierig trennbaren Gewebegemischen aus unserem Portfolio, um unser Ziel, den geschlossenen Textilkreislauf, weiter voranzutreiben. Als Leuchtturmprojekt haben wir im vergangenen Herbst einen zu 90 Prozent recycelten und klimaneutralen Kinderschuh vorgestellt. Wir wollten zeigen, wie weit man auch im Schuh-Bereich in Sachen Recycling und Nachhaltigkeit schon gehen kann.
CS: Und gibt es Aktivitäten, um zu einer gezielten Rückgabe von Sympatex-Kinderschuhen aufzurufen?
MB: Was das Thema „Rückgabesystem“ beziehungsweise „geschlossener Textilkreislauf“ betrifft, ha-ben wir mit unserem europäischen Konsortium „wear2wear“ im Herbst bewiesen, dass eine werthaltige Wiederverwertung für Funktionstextilien im Bekleidungsbereich bereits umsetzbar ist. Im Schuhbereich arbeiten wir ebenfalls daran, ein Kreislaufsystem umzusetzen. Jedoch ist ein Re- beziehungsweise Upcycling von Schuhen noch wesentlich komplizierter und deutlich anspruchsvoller als im Textilbereich. Das liegt an den vielen verschiedenen, teils nur schwer trennbaren Komponenten. Erste Versuchsansätze laufen aber auch hier schon auf Partnerebene und wir versuchen dafür mittelfristig eine erste Lösung zu präsentieren.
CS: Welche Ziele haben Sie sich für die Zukunft gesetzt, um im Kinderschuhbereich noch mehr Verbreitung zu finden?
MB: Selbstverständlich wollen wir im Kinderschuhbereich weiter wachsen, insbesondere durch Aufklärung. Denn wir glauben, dass bei den ökologischen Themen auch die Jüngsten der nächsten Generation mitreden dürfen. Aus diesem Grund haben wir ein Kinderbuch im Kleinformat mit dem Titel „Sam und der Plastikplan“ entwickelt, das Kindern und deren Eltern auf leichte Art die Bedeutung des Recyclings näherbringen soll. Ab der kommenden Wintersaison wird es jedem Paar Ricosta-Sympatex-Kinderschuhe der Marken Pepino und Ricosta im Schuhkarton beiliegen sowie ausgewählten Ricosta- und Richter-Händlern als Verkaufsunterlage zur Verfügung gestellt. Auch andere interessierte Händler können sich an unsere Marketingabteilung wenden und kostenfreie Exemplaren erhalten.