Der Markt rund um Baby- und Kinderbekleidung hat sich schnell von den Umsatzeinbußen der Coronapandemie erholt. Während andere Branchen auch bisher noch nicht wieder das Marktniveau von 2019 erreicht haben, konnte das Segment Baby- und Kinderbekleidung diesen Wert schon 2021 überschreiten und liegt 2024 prognostiziert bei 3,2 Milliarden Euro, was einem Plus von 76 Millionen Euro im Vergleich zu 2019 entspricht.
Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt der neue „Branchenbericht Baby- und Kinderbekleidung“ des IFH Köln und der BBE Handelsberatung. Wobei: Verteilt man Plus dieses von 2,5 Prozent auf die letzten vier Jahre und berücksichtigt man dabei die hohen Inflationsraten, zeigt sich, dass die nominellen Werte keinen Anlass zur Erleichterung bieten.
„Kinder kosten! Durch die steigenden Alltagsausgaben verlagern sich die Konsumausgaben mehr in die Bereiche Lebensmittel, Miete oder Strom und weg von Bekleidung. Das gilt auch für die kurzlebige Kinderbekleidung. Kein Wunder, dass immer mehr Eltern beim Discounter Kinderkleidung kaufen“, so Carina Stäbisch, Projektmanagerin am IFH Köln.
Ähnlich wie auch in anderen Handelsbranchen verliert der stationäre Handel auch bei Baby- und Kinderkleidung. So lag der Onlineanteil 2023 im Gesamtmarkt bei 40,2 Prozent – Tendenz stetig steigend. Immer beliebter werden auch Discounter, welche seit der Pandemie auch bei Kinderbekleidung dazugewinnen – waren sie schließlich auch im Lockdown nicht geschlossen – und besetzen 2023 9,1 Prozent Marktanteil.
Dieser Spartrend zeigt sich auch beim Zuwachs von anderen Anbietern mit Aktionsware, wie Drogeriemärkte.
„Das geringe Umsatzwachstum im Markt für Baby- und Kinderbekleidung verdeutlicht den Handlungsdruck für den stationären Handel, seine Strategien anzupassen, um nicht weiter Marktanteile an Discounter und den Online-Handel zu verlieren. Eine größere Produktauswahl, bessere Verfügbarkeit und ein optimiertes Einkaufserlebnis sind dabei besonders wichtig, um den veränderten Konsumgewohnheiten der Kundinnen und Kunden gerecht zu werden“, betont Martin Berghofer, Senior Manager bei der BBE Handelsberatung.
Die Gründe für die Wachstumsschwäche sind vielfältig: Das alltägliche Leben wird immer teurer, nicht nur Lebensmittel, Strom oder Gas, auch das Finden von geeignetem und bezahlbaren Wohnraum ist für Familien schwieriger geworden.
Zudem ergeben sich auch noch weitere Herausforderungen wie der Mangel an Betreuungsplätzen in vielen Städten.
Einen Hoffnungsschimmer für den Markt für Baby- und Kinderbekleidung bilden allerdings die Mehrgeburten von 2021, wovon der Markt in den nächsten Jahren noch profitieren wird.
Ein weiterer Faktor: Der Anteil von ausländischen Mitbürger:innen in Deutschland betrug 2023 15,2 Prozent. Damit verbunden steigt auch seit Jahren die Zahl an Kindern mit Migrationshintergrund an: So ist der Anteil bei den null- bis Zwölf-Jährigen von 6,1 Prozent im Jahr 2010 auf 16,7 Prozent im Jahr 2023 gestiegen. Der Anteil von ausländischen Mitbürger:innen im entsprechenden Alter steigt somit stärker an als der Gesamtdurchschnitt.
Doch für die nähere Zukunft werden keine größeren Umsatzsprünge erwartet, immerhin sinkt die Geburtenrate seit 2022 wieder.
Eine weitere Herausforderung für den Handel zeigt sich durch Konkurrenz aus dem Ausland: Online-Marktplätze, besonders solche aus dem asiatischen Raum, konnten innerhalb kürzester Zeit durch aggressives Online- und Social-Media-Marketing eine hohe Bekanntheit generieren und sprechen besonders jüngere Generationen an: durch ein breites Sortiment zu sehr günstigen Preisen, durch viele Rabattaktionen und durch Gewinnspiele, die zu längeren Verweildauern in den Apps führen.
Besonders in Zeiten der Inflation und höheren Kosten im Alltag bildeten sich hier für Familien neue und günstigere Einkaufsalternativen. So zeigte auch der Trend Check Handel des IFH Köln, dass zwölf Prozent der Befragten Produkte des Bereichs Fashion & Accessoires bei Anbietern wie Shein, Temu & Co. einkaufen würden. Acht Prozent der Befragten würden bei den besagten Plattformen sogar am ehesten Artikel für Kinder einkaufen.
Jedoch stehen die Anbieter auch in der Kritik, die Massenproduktion zu solch günstigen Preisen stehe oft für schlechtere Qualität und für weniger Nachhaltigkeit. Ob Eltern zukünftig asiatische Online-Marktplätze für den Einkauf für Baby- und Kinderbekleidung bevorzugen, oder ob es sich aktuell vermehrt um ein Ausprobieren der Shops handelt, bleibt abzuwarten.
Wie die Studienautoren die Umsätze allerdings genau bestimmen, bleibt im Ungewissen. Marktdaten, Experteneinschätzungen und Anpassungen sind in der Regel die Methoden, die dabei zur Anwendung kommen – und die Zahlen nicht nachvollziehbar machen.
Zuwächse von 2,5 Prozentpunkten über drei bis vier Jahre dürften dabei in den Bereich der Irrtumswahrscheinlichkeit fallen, sodass die Angaben mit Vorsicht zu genießen.
Der „Branchenbericht Baby- und Kinderbekleidung“, Jahrgang 2024, kostet 550 Euro und ist über die Website des IFH Köln erhältlich.