Bio-Baumwolle ist gut zur Haut und zur Umwelt. In ihrer Herstellung ist sie allerdings deutlich aufwendiger als ihr industrielles Pendant. Zertifikate schaffen Glaubwürdigkeit – die Mühe lohnt sich.
Im Bereich der Kindermode sind Bio-Baumwolle, Green Cotton und Nachhaltigkeit sehr präsente Themen. Zahlreiche Marken setzen auf nachhaltige Textilprodukte für Kinder und immer mehr Discounter oder Drogeriemärkte bieten zertifizierte Kollektionen an. Dennoch sind die absoluten Zahlen der ökologisch nachhaltigen Baumwollproduktion äußert gering. Der ökologische Anbau erfolgt in rund 20 von 80 baumwollproduzierenden Ländern auf etwa 215.000 zertifizierten Farmen. In der Saison 2014/15 umfasste die Bio-Baumwollproduktion gerade einmal 120.000 Tonnen weltweit. Im Vergleich dazu betrug die gesamte Baumwollproduktion laut dem Internationalen Baumwollsekretariat (ICAC) in Washington 26 Millionen Tonnen. Der Anteil der nachhaltig produzierten Baumwolle am weltweiten Gesamtvolumen liegt also unter einem halben Prozent.
Einsatz, der sich lohnt
Beim Anbau von Bio-Baumwolle ist die Verwendung von Chemikalien in Form von Pestiziden, Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln gänzlich verboten. Auch der Gebrauch von gentechnisch verändertem Saatgut ist untersagt. Die Fruchtbarkeit des Bodens, gewährleistet durch den Anbau von Leguminosen, einer mehrjährigen Fruchtfolge mit Zwischenfrüchten, Untersaaten oder Gründüngung, ist ebenso kennzeichnend. Denn das macht die Baumwollpflanzen weniger anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Und ein unnötiger Spritzmitteleinsatz wird vermieden.
Afrikanische Bauern pflanzen beispielsweise Sonnenblumen um ihre Felder, da diese einen Hauptschädling, den Baumwollkapselkäfer, von den Baumwollpflanzen weglocken. Industriell produzierte Baumwolle wird hingegen in großflächigen Monokulturen ohne Fruchtwechsel angebaut. Befall und Krankheiten, die dadurch hervorgerufen werden, werden mittels Pestiziden, Mineraldüngern sowie Konservierungsstoffen, wie etwa Formaldehyd, bekämpft. Zudem wird auch mit chemisch-synthetischem Dünger gearbeitet. Bei Bio-Baumwolle hingegen erhöht sich dank des Einsatzes von Wirtschaftsdünger und Kompost ökologischer Herkunft der Humusanteil im Acker. In der Folge kann der Boden mehr Wasser, Nährstoffe sowie Kohlenstoffdioxid speichern – die Erosionsanfälligkeit verringert sich.
Streng, aber relevant
Wird in Drittländern nach den Richtlinien der EU-Verordnung „Ökologischer Landbau“ produziert, kann die Baumwolle als „Bio“ zertifiziert werden. Denn in der EU ist der Begriff „Bio“ in der Landwirtschaft genauso wie im Lebensmittelbereich geschützt. Ein Bio-Siegel bestätigt allerdings nur den ökologischen Anbau der Faser selbst, trifft aber keine Aussage über das fertige Kleidungsstück. Strengere Auflagen setzt das Prädikat „kontrolliert biologischer Anbau“ (kbA). Hierbei muss der Bauer seinen Boden mindestens drei Jahre lang chemiefrei bestellt haben, was durch unabhängige Institute wie beispielsweise das Schweizer Institut für Marktökologie (IMO) jährlich kontrolliert wird.
Im Unterschied zum konventionellen Anbau stellt der kbA-Anbau von Baumwolle ein ganzheitliches Produktionssystem dar. Die zertifizierte Baumwolle wird hierbei über alle Produktionsstufen hinweg in einer gesonderten Kette verarbeitet. So kann sie von industriell produzierter Baumwolle unterschieden werden. Seit einigen Jahren ist Indien der größte Produzent kontrolliert biologischer Baumwolle, gefolgt von China, der Türkei, Kirgistan, den USA sowie Tansania.
Bio, aber Buh?
Ein reines Bio-Prädikat gibt keinen Aufschluss über die ökologische und soziale Qualität der folgenden Verarbeitungsstufen. Diese werden zum Beispiel bei den Labels IVN Best und Global Organic Textile Standard (GOTS) ebenfalls eingeschlossen. Sie zertifizieren für den ökologischen Bereich die Verarbeitungsstufen von kbA-Baumwolle sowie anderen Naturfasern und berücksichtigen zudem auch Sozialstandards auf Grundlage zentraler Normen internationaler Arbeitsorganisationen. Bei GOTS müssen Firmen ausnahmslos alle Kriterien des Standards erfüllen. GOTS stützt sich dabei auf ein duales System aus Inspektionen vor Ort und Rückstandsanalysen, um so die lückenlose Einhaltung aller Kriterien zu garantieren.