Steiff-Collection: Volldampf im Vertrieb

Gemeinsam stark: Nachdem die Fashion-Lizenz nicht mehr verlängert wurde, musste das Steiff-Team Design, Produktion, Lieferung und sämtliche Prozesse neu aufsetzen. Lohn der Anstrengungen ist, dass die Kunden heute alle Produkte des Hauses aus einer Hand ordern können.

Gerüchte, dass Steiff die von der Kids Fashion Group gehaltene Lizenz nicht mehr verlängern wollte, gab es bereits 2017. Letztes Jahr wurde die Reintegration vorbereitet – und seit Januar 2019 kann das Unter­nehmen die Marken-DNA wieder komplett in eigener Regie steuern.

Rund zehn Jahre lang lag die Lizenz der Steiff-Collection in den Händen der Kids Fashion Group (KFG). Ende 2017 zeichnete sich bereits ab, was erst im April 2018 bekannt werden durfte: Steiff beendete die Lizenzvergabe und unternimmt seither vielfältige Anstrengungen, die Kids-Kollektion in eigener Regie zu betreiben. Immerhin mussten dazu neue Kollektionen entworfen, Produzenten gefunden, der Vertrieb installiert und Bestell- sowie Auslieferungswege aufgesetzt werden. Auch muss sich das bisher rein auf Plüsch ausgerichtete Haus für Fashion öffnen. Zudem agierte die KFG lange noch parallel zu Steiff und eine Zeit lang konkurrierten Waren vom bisherigen Anbieter mit neuen Produkten von Steiff selbst.

Inzwischen lieferte Steiff die erste Kollektion aus, sammelt Reaktionen der Einkäufer und optimiert die Auslieferung, während die KFG „Bellybutton Mother Nature & Me“ als Nachfolge-Label zu Steiff promotet. Andreas Graf, Business-Unit-Manager Fashion, konterte mit einer ersten GOTS-Capsule in der Babykollektion von Steiff und will insgesamt noch nachhaltiger werden. Childhood Business erkundigte sich bei Graf nach dem Stand der Dinge.


Childhood Business: Seit Anfang des Jahres liegt die Steiff-­Collection wieder voll in der Verantwortung Ihres Hauses. Wie beurteilen Sie den bisherigen Geschäftsverlauf in 2019?

Andreas Graf war bei US40 als Brand-Manager, bei Helly Hansen als Geschäftsführer für die deutschsprachigen Länder, bei Reebok als Senior Key-Account-
Manager und bei Lego Wear als Global-Sales-Director aktiv. Zu den jüngsten Stationen zählen die Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Kiki Kindermodenkette und bei Codello. Seit 2017 ist er als Business-Unit-Manager Fashion für die Steiff-Collection verantwortlich und implementiert im Unternehmen zusätzlich zur Plüsch- die nötige Fashion-Kompetenz.

Andreas Graf: Wir haben nun zwei Vororderphasen hinter uns, die wir beide erfreulicherweise mit einem Plus gegenüber unseren Planungen abgeschlossen haben. Das ist fürs Erste sehr positiv, sowohl für uns als Unternehmen als auch für unsere Mitarbeiter.Somit ist die Integration aus unserer Sicht erfolgreich gelungen und der Bereich Fashion agiert schon jetzt als zweites Standbein in unserem Unternehmen.

CB: Welche Kollektionsteile werden besonders gut angenommen? Und was ist Ihr persönlicher Favorit in der Kollektion?

AG: Wir sind Steiff – somit steht der Bär bei uns immer im Fokus und ist ein Muss in jeder Order der Kunden. Unsere Topseller sind davon stark beeinflusst und die Kunden finden diese Artikel natürlich nach wie vor in unserer Kollektion. 

CB: Was ist an der Kollektion gegenüber früher gleich geblieben und was hat sich verändert?

AG: Unsere Kunden haben ein klares Bild vor Augen, wie eine Steiff-Kollektion aussehen muss, um die Nachfrage im Handel zu befriedigen. Daher ist ein Großteil der Kollektion von der stilistischen Grundaussage her unverändert geblieben. Wir haben aber zusätzlich in allen Bereichen in das Produkt und in die Qualität investiert. So ist eine Babyserie, die GOTS-zertifiziert ist, ebenso neu ins Sortiment gekommen wie ein Rainwear-Programm und eine Funktions-Outerwear. Alle drei neuen Segmente wurden von den Kunden gut angenommen und haben den Reinverkauf beflügelt. Auch der Accessoires-Bereich ist noch umfangreicher geworden und wird sehr gut angenommen. So finden sich zahlreiche Mützen, Handschuhe und Schals, auch als Kombinationen, in der Kollektion. Und nicht zu vergessen: Der Größenlauf der Kollektion wurde um die Größe 122 erweitert.

CB: Wie hat sich das Preisgefüge der Kollektion seit der Übernahme entwickelt? Gab es Preiserhöhungen und -senkungen?

AG: Wir haben die Preise bei Steiff grundsätzlich beibehalten. Das Ziel ist jedoch, spürbar in den Griff der Ware sowie in die Qualität zu investieren und den Kunden ein noch besseres Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten.

CB: Mit Ihrem Showroom-Netzwerk investieren Sie vertrieblich, in Zeiten, da andere Marken sich zurückziehen. Stehen Sie zu dem Investment oder wurden Sie von der aktuellen Marktentwicklung im KIKO-Bereich überrascht?

AG: Wer bei uns kauft und einen Showroom-Termin wahrnimmt, soll die Marke spüren und erleben können. Dazu braucht es das passende Umfeld. Und den bieten wir mit unseren Showrooms. Der Fash­ion-Kunde hat jetzt auch Zugang zu unserem Plüschsortiment und kann damit auf ein deutlich größeres Produktportfolio zugreifen als in der Vergangenheit. Das stärkt die Marke und den Auftritt beim Kunden und ermöglicht Synergien auf der Fläche im Marketing und bei gemeinsamen Aktionen. Wir stehen daher zu unserer Investition in das Showroom-Netzwerk, um den Kunden ein authentisches Markenerlebnis zu bieten.

CB: Mit jedem Vertriebswechsel gehen Kunden verloren. Wie hat sich bei Ihnen die Kundenbasis seither entwickelt?

Wie man sieht, musste das Team von Steiff kräftig anpacken, um die ehemals bei der Kids Fashion Group liegende Lizenz in die Prozesse des Unternehmens zu reintegrieren. Die ersten Orderrunden haben geglänzt. Und mit der kombinierten Fashion- und Plüschkollektion in den Showrooms erschließt sich Kunden die gesamte Markenwelt.

AG: Ein Übergang dieser Art ist immer mit gewissen Störfeuern verbunden und auch mit einer Portion Verunsicherung bei den Kunden. Wir versuchen natürlich jeden bisherigen Kunden für uns zu gewinnen. Aber es gibt natürlich auch Kunden, die erst mal abwarten, wie wir uns entwickeln. Wir konnten aber auch Neukunden gewinnen, die infolge des Wechsels Steiff wieder ordern.

CB: Hat es Sie überrascht, dass die KFG mit einem neuen Label so deutlich die Steiff-Collection angreift? Immerhin wurden Kunden mit dem Slogan „Aus Steiff wurde Bellybutton Mother Nature & Me“ begrüßt.

AG: Überrascht hat es uns nicht, dass die Kids Fashion Group ein Gegenprodukt auf den Markt bringt. Die Marke Steiff mit dem Knopf im Ohr oder dem klassischen Bären hat sich am Markt etabliert und genießt großes Vertrauen bei den Kunden. Wir sind eine Marke mit einem klaren Wiedererkennungswert, einer nicht zu ersetzenden Historie und vielen echten Fans. Das ist ein USP, den die Kunden an der Marke Steiff schätzen – und der für einen stabilen Umsatz und Abverkauf bei unseren Kunden sorgt. Ein sehr großer Anteil des Umsatzes bei unseren Kunden resultiert aus der gezielten Nachfrage nach Steiff. Das macht die Marke einzigartig. Es gibt nur wenige Marken in unserem Bereich, die so stark positioniert sind. Und wir werden alles tun, um diesen Status zu erhalten.

CB: In Sachen Nachhaltigkeit haben Sie jüngst mit einer Capsule nachgelegt. 

AF: Die Erweiterung unserer Kollektion um eine GOTS-Kapsel war ein wichtiger Schritt für uns, um die Werte und den Qualitätsanspruch von Steiff auch im Textilmarkt zu verankern. GOTS hat sich hier als eines der wenigen Zertifikate herausgestellt, das auch der Endverbraucher kennt und wertschätzt – und das unsere Kollektion perfekt abrundet.

CB: Einer der häufig geäußerten Kritikpunkte an Ihrem bisherigen Lizenznehmer war immer, dass die Liefertreue problematisch gewesen sei. Sicherlich wollen Sie gerade in dieser Hinsicht künftig punkten. Zur ersten Auslieferung hat es noch ein wenig geholpert. Was war der Hauptgrund? Und wie kann das Holpern vermieden werden?

AG: Definitiv sind die Kunden durch die Vergangenheit geprägt. Mit der Übernahme mussten wir uns ein komplett neues Lieferantenportfolio installieren, aber auch das gesamte In-house-Setup organisieren. Diese Strukturen wachsen schrittweise zusammen und werden mit jeder Kollektion immer reibungsloser funktionieren. Wir hatten in der Tat noch einige Startschwierigkeiten bei der Auslieferung unserer S/S-2019-­Kollektion. Doch wir arbeiten täglich daran, die Lieferkette zu verbessern und weiterzuentwickeln. Mit all den neuen Kompetenzen gibt es naturgemäß immer neue Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Doch wir stehen dazu. Wir befinden uns ja immer noch in der Start-up-Phase und im Ausbau unserer Strukturen. Unser Ziel ist es definitiv, ein guter und berechenbarer Partner für unsere Kunden zu sein. Und daran arbeiten wir mit Hochdruck. Wir sind in jedem Fall sehr dankbar für das große Vertrauen und das Verständnis, das uns unsere Kunden entgegenbringen.

CB: Sehen Sie noch Potenziale für die Marke in Deutschland? Können Sie sich wie bei den Strümpfen mit Nollberg auch in weiteren Segmenten Lizenzpartnerschaften vorstellen?

AG: Natürlich sind die Potenziale in Deutschland, auch wenn die Marke im Handel gut platziert ist, noch nicht voll ausgeschöpft. Gerade die zuvor erwähnten Themen „stabiler Partner“ und „Qualität“ beinhalten eine Menge Power für unsere Kunden. Die Marke ist stark – und wird durch diese beiden Themen sogar noch stärker. Dazu kommen weitere Produktkategorien, die wir in der Zukunft forcieren wollen und die schrittweise eingeführt werden. So waren GOTS, Rain­wear und die Funktions-Outerwear nur die ersten Ausbaustufen unserer Kollektion. Weitere Steps werden folgen. Jedoch wollen wir uns auch nicht verzetteln und erst mal das richtig machen, was wir aktuell bereits im Portfolio haben. Strumpfwaren sind übrigens in unsere Kollektion voll integriert und somit kein Thema mehr für eine Lizenz. 


Alles andere als steif: Das Showroom-Team

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