Glamour gibt es in Italien und Paris. Doch da sind die Lichter aus. Deutschland aber: Läuft!
Wer hätte das gedacht? Immer wieder wird Deutschland darum bemitleidet, dass es in diesem ach so großen Land keine zentrale Messe der Kindermode gäbe, wie es in Italien die Pitti Bimbo, in Frankreich die Playtime Paris und in Skandinavien die CIFF Youth sind. Ja, Deutschland funktioniert anders. Weder ist unsere föderale Bundesrepublik so zentralistisch wie das Land um die Seine noch wirtschaftlich so nordlastig wie jenes im Süden oder so klein wie Dänemark.
Und so hat in Deutschland weder die Children’s Fashion Cologne am Rhein Fuß fassen können noch jeglicher Großmannstraum eines Exil-Rheiners in Berlin. Nein, Deutschland ist wie seine Mode: weniger glamourös, dafür funktionsorientierter, nachhaltiger und regional einfach viel praktischer.
Im Sommer 2020 erweist sich die dezentrale Struktur der Ordertage zugleich als ein Garant dafür, dass etwas stattfindet, was in ganz Europa ansonsten ausfällt: die Möglichkeit der Zusammenkunft zur ausgeruhten, ungedrängten und hoffentlich auch allerorten sicheren Kollektionsschau.
Denn während die erwähnten Messen – und noch manche mehr, wenn man Spanien, Großbritannien, die Niederlande und sogar Moskau einbezieht – allesamt abgesagt wurden, also sozusagen in ganz Europa keine Kindermodemesse stattfinden wird, erinnert sich mancher die Bilder Uderzos und an die Worte Goscinnys und stößt hervor: „Ganz Europa? Nein!“ Es sind zwar keine gallischen, sondern germanischen und es sind keine Dörfer, sondern Modecenter, doch ihnen ist gemein, dass sie den Cohorten, vulgo: Corona, trotzen. Denn: In Deutschland werden alle Veranstalter von Kindermode-Ordertagen ihre Events durchführen. Teilweise etwas später als geplant, aber: Wat mutt, dat tmut.
Und dafür wurde hinter den Kulissen lange gekämpft. Denn dass das Jahr 2020 nicht nur Händler und Hersteller vor große Herausforderungen stellt, sondern auch die Organisatoren der wichtigsten Branchenveranstaltungen in Deutschland, leuchtet ein. Immerhin wurde mit Ausgangssperren und Kontaktverboten den Messemachern die wirtschaftliche Grundlage genommen. Die Häuser waren teilweise geschlossen und Messen waren für viele Wochen komplett verboten. Ab August 2020, so hieß es alsbald, könnten die Ordertage für Kindermode wieder ausgerichtet werden. Doch die jeweiligen Landesvorschriften lesen sich zunächst weder einheitlich noch immer ganz im Sinne der Veranstalter.
Bereits im Juni 2020 startete dann die festive Branche durch, um sich – nach einer durch den Ausfall der kirchlichen Kommuniontermine im Frühjahr 2020 durch geringe Umsätze gebeutelten Periode – mit neuer Ware für den hoffentlich im Herbst wieder lebendigeren Handelsstart für die Saison 2020/21 eindecken zu können. Auch konnte hier sozusagen geübt werden. Denn was im Kleinen gelingen sollte, dient als Blaupause für die größeren Termine der Kinderkonfektion.
Zwischenzeitlich haben sich auch für die wichtigsten Veranstaltungen im Bereich der Kindermode haben sich die Veranstalter zwischenzeitlich auf einen gemeinsamen Fahrplan geeinigt, um Herstellern wie Einkäufern Planungssicherheit zu geben. Auf Initiative von Dirk P. Goeldner, der in seinem Haus Euromoda die 4-Kidz.eu gastieren lässt, zoomten sich die Ausrichter fast aller deutschen Ordertage zusammen und legten gemeinsam die Abfolge der Termine fest.
Übrigens: In die Abstimmung waren auch eine Handvoll Vertreter aus der Branche eingeladen, mit deren Voten sich schnell herauskristallisierte, dass frühe Termine im Juni oder eine Verschiebung in den Juli 2020 keine Optionen waren. Auch der Vorschlag, zeitlich noch weiter nach hinten in den September zu rücken, wurde einheitlich als zu spät abgelehnt. Daher werden alle relevanten Events – Ende Juli startend – zu großen Teilen im August stattfinden.
Zu den Gründen für die leicht nach hinten verschobene Terminlage zählten nicht nur die Unsicherheiten bei den Auflagen für entsprechende Veranstaltungen. Auch manche Hersteller hatten zurückgemeldet, durch die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu einem früheren Zeitpunkt ihre Musterkollektionen nicht rechtzeitig fertigstellen zu können. Sofern es durch die Behörden nicht zu neuen Auflagen kommt, lassen sich die Veranstaltungen – unter Einhaltung aller notwendigen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen durch die Ausrichter – nunmehr als gesetzt betrachten.
Hygiene wird überall großgeschrieben
Auch wenn Ordertage im Bereich der Kinderkonfektion ohnehin keine Großveranstaltungen sind und sich die Besucherzahlen in Grenzen halten, sind die Veranstalter dennoch seit jeher darauf ausgerichtet, ausgeprägte Hygienevorschriften umzusetzen.
Sämtliche Ausrichter teilten auf Nachfrage von Childhood Business mit, dass sie ausreichende Mengen an Desinfektionsmitteln und -spendern eingekauft haben. Auch die Örtlichkeiten sind in der Regel auf einen reibungslosen Besuchsverkehr ausgerichtet.
Auf der Kindermoden Nord sind zum Beispiel alle Eingänge türgrifflos nutzbar. Und auch mit der Registrierung aller Besucher ist die Kindermoden Nord wie die meisten anderen Veranstalter seit jeher auf etwaige Vorschriften zur Erfassung von Besuchern vorbereitet. Messeleiterin Steffi Kranawetter hat zudem frühzeitig einen umfangreichen Hygiene- und Sicherheitsleitfaden, der der Redaktion vorliegt, ausgearbeitet, der vorbildlich sämtliche Eventualitäten erfasst und entsprechende Lösungen skizziert.
Dirk P. Goeldner von der 4-Kidz.eu hat den Besuchern der Festiv-Ordertage im Juni 2020 jeweils zwei Exemplare solcher Masken mit der postalischen Einladung vorab zukommen lassen.
Alina Schade von der Supreme Kids hat für ihre Veranstaltungen, unter denen der Ordertermin für Kindermode nur einer ist, rund 25.000 Nase-Mund-Schutzmasken eingekauft, um diese vor Ort ausgeben zu können. Inzwischen teilte Sybille Mutschler, die die Supreme Kids organisiert, mit, dass es eine „Ticketkontingentierung im Slot-Verfahren“ gebe. Durch dieses Verfahren sollen Besucher und Aussteller ihre Termine schon vorab besser koordinieren können. Auch wolle man so die Anzahl der Besucher besser überblicken.
Dazu ist jeder Event-Tag in zwei Zeit-Slots eingeteilt und Fachbesucher müssen bei der Besucherregistrierung über die Webseite der Messe vorab einen oder mehrere Slots buchen. Diese Slots sind unabhängig von den mit den Ausstellern zu vereinbarenden Terminen. Diese müssen, darauf weist der Veranstalter noch einmal explizit hin, parallel selbsttätig vereinbart werden.
Was zunächst etwas kompliziert wirkt, ist im Grunde nicht mehr als eine Festlegung und Bekanntgabe, wann man zur Veranstaltung anzukommen gedenkt. Erst wenn sich bestimmte Slots großer Beliebtheit erfreuen, werden die Veranstalter etwas mitjustieren müssen. Markierte Laufwege und am Boden abgeklebte Abstandsbalken werden Stoßsituationen zusätzlich entzerren.
Wer die Termine nicht über den Veranstaltungskalender auf der Webseite von Childhood Business notiert oder über unseren Newsletter erfahren hat, für den bieten wir hier noch einmal eine Übersicht über die unterschiedlichen Standorte an.
Neuss
Den Auftakt unter den Ordertagen im deutschsprachigen Raum wird die ursprünglich für den 19. und 20. Juli geplante und nun etwas nach hinten verlegte 4-Kidz.eu am 26. und 27. Juli 2020 im Haus der Euromoda bilden. Bereits Anfang Juli wurde die zu jeder Saison herausgegebene Broschüre mit einer Übersicht sowohl der festen Showroom-Mieter als auch der zum Termin im Haus ausstellenden temporären Aussteller versendet. Sie kann zudem auf der Webseite eingesehen werden. Wichtig: Die Euromoda ist ein Modecenter mit Showrooms und unterscheidet sich daher von klassischen Messeflächen, da alle Ordertermine in abgetrennten Räumlichkeiten stattfinden. Die Anreise kann per Pkw erfolgen; Tiefgaragenplätze stehen für alle Besucher der Ordertage kostenlos zur Verfügung.
In Neuss gibt es auch die Step by Step im Haus Paris, auf der sich eine eingeschworene Gemeinde von etwa zehn Agenturen einmietet. Da diese jeweils zu individuellen Terminen laden, entfällt ein gemeinsames Orderwochenende. Interessenten informieren sich am besten über die Webseite vorab.
Schkeuditz
Die ursprünglich für den 8. und 9. August angekündigte Quarterkids in Schkeuditz wurde vorgezogen und findet im Zeitraum vom 29. Juli bis zum 5. August 2020 statt. Durch die zusätzlichen Tage sollen Termine entzerrt werden. Es werden aber nicht alle Aussteller über die gesamte Zeit vor Ort sein, sodass feste Termine nötig sind. Außerdem überschneidet sich die Quarterkids mit der Kindermoden Nord.
Hamburg
Neben München gilt Hamburg als der zweitwichtigste Termin in der Branche. Hier findet – unverändert zum geplanten Termin – vom 1. bis zum 3. August 2020 die Kindermoden Nord statt. Das Team von Steffi Kranawetter wird übrigens gerade auch in diesen besonderen Zeiten in die Publikation des umfangreichen Messekatalogs unverändert investieren und so einen zusätzlichen Service für die Vorplanung – aber auch für Fernbleibende – bieten. Neben Informationen zu Ausstellern bietet der in den letzten Jahren über ein Kilogramm schwere Katalog anregende Image-Bilder aus den Kollektionen sowie orderrelevante Zusatzinformationen, die jedes Mal ebenso aufwendig wie sorgsam zusammengetragen werden.
Zur gleichen Zeit lädt auch die Lollypop in das Skyloft ein, das in der obersten Etage der Modecenters gegenüber der Kindermoden Nord liegt. Hier bieten feste und temporäre Showroom-Mieter die Möglichkeit, rund um das Hamburger Wochenende Individualtermine zu arrangieren.
Eschborn
Vom 8. bis zum 10. August 2020 lädt das bei Frankfurt am Main gelegene Modecenter „Häuser der Mode Frankfurt a. M.“ zur Kids World nach Eschborn ein. Ursprünglich war der 18. bis 20. Juli 2020 geplant gewesen, sodass die Vorlagen etwas nach hinten gerückt sind. Die Kids World hat die eingestellte Kids Now ersetzt und ist seither die zentrale Anlaufstelle für eine KIKO-Orderrunde.
München
Die Ausrichtung der Supreme Kids wird dann vom 14. bis zum 16. August 2020 folgen, die ursprünglich für den 17. bis 19. Juli angesetzt war. Es ist damit ein kleines Novum, dass die Münchener Leitmesse den deutschen Saisonkalender nicht anführen, sondern abschließen wird.
Parallel dazu laden ein halbes Dutzend Agenturen aus dem Premiumsegment in der Innenstadt zu der Prisco Project Kids ein. Hier sollte mit den Agenturen jeweils ein individueller Termin vereinbart werden.
Salzburg
Eine besondere Gelegenheit bietet sich in Salzburg mit der JOT Juniormode. Ursprünglich für den 9. und 10. August geplant, hat Projektleiterin Ulrike C. Martin von der Brandboxx Salzburg nach entsprechendem Branchenfeedback aus Österreich die Veranstaltung deutlich nach hinten verschoben und mit der Kids Austria zusammengelegt. Beide Events finden gemeinsam am 4. und 5. Oktober 2020 statt. Sie bieten Ausstellern wie Einkäufern in diesem ungewöhnlichen Sommer noch einmal eine späte Orderoption, um Sortimente aufzufüllen oder erst später frei werdende Limite gezielt zu platzieren.
Hofheim-Wallau
Die Innatex ist, neben der Supreme Kids und der Kindermoden Nord, eine der Orderveranstaltungen, die auch für Aussteller und Besucher der Kinderbekleidungsbranche einen hohen Stellenwert erlangt hat. Dabei stellt das KIKO-Segment auf der im Messecenter Rhein-Main in Hofheim-Wallau ausgerichteten Messe nur einen kleinen Teil der Veranstaltung dar. Doch wer nachhaltige Mode im Sortiment führt, für den ist die Innatex ein Muss. Die Sommerausgabe der Innatex wird Corona-bedingt nach hinten verschoben und ist nun für den 5. bis 7. September 2020 angekündigt – und rutscht damit ebenfalls hinter die KOB-Orderevents. Den neuen, unter normalen Umständen recht späten Termin fand Projektleiter Alexander Hitzel nach einer Umfrage unter den üblichen Teilnehmern. Ein Termin Anfang September wurde demnach mit großer Mehrheit befürwortet.