Mode aus Skandinavien erfreut sich bei vielen Familien großer Beliebtheit. Und wenn sich dann ein seit langem erfolgreich etablierter Anbieter wie Polarn O. Pyret neu nach Deutschland tastet, fragt Childhood Business nach. Marketingleiterin Heli Fleetwood gibt Auskunft.
Childhood Business: Stellen Sie die Brand Polarn O. Pyret unseren Lesern doch einmal kurz vor?
Heli Fleetwood: 1976 begannen wir mit dem Wunsch, nachhaltige, bequeme und qualitativ hochwertige Kinderbekleidung herzustellen. Das bedeutet ein spielfreundliches Design – ohne Details, die scheuern oder die Bewegung einschränken –, das immer wieder gewaschen werden kann. Einfach ausgedrückt: Kleidung, die Kinder Kinder sein lässt. Wir sind vor allem für unseren ikonischen Streifen bekannt – Trends, Schnitte und Drucke sind seitdem gekommen und gegangen, aber unsere Streifen haben eine bleibende Anziehungskraft.
CB: Wie begegnen Sie Ihren Wettbewerbern?
HF: Wir haben zwar je nach Markt und Produktkategorie einige verschiedene Konkurrenten, aber weltweit sind unsere größten Konkurrenten Didriksons, H&M, Lindex, Next und Reima. Unser Unterschied war schon immer unsere Heritage bei der Herstellung von nachhaltiger, hochwertiger Kinderbekleidung.
1987 führten wir die ersten Kleidungsstücke aus Biobaumwolle ein. Und heute ist die gesamte Baumwolle aus biologischem Anbau. 55 Prozent unseres Sortiments sind GOTS-zertifiziert und 75 Prozent werden aus zertifizierter nachhaltiger Faser hergestellt. Wir waren auch unter den Ersten, die sich bei der Entwicklung von Kinderoberbekleidung von der Sport- und Outdoor-Bekleidung für Erwachsene inspirieren ließen. Dabei berücksichtigen wir natürlich, dass unsere Kleidung dem Klettern auf Bäume, dem Krabbeln auf Asphalt und dem Herumrollen standhalten muss.
Wir wissen aus Erfahrung, wie wichtig es ist, alle Entscheidungen, die wir treffen, ständig zu überprüfen – von der Passform und den Materialien bis hin zur optimalen Naht.
CB: 2020 steht ja insbesondere unter dem Eindruck von Covid-19. In Schweden betreiben Sie zudem zahlreiche Shops. Wie sind Sie den coronabedingten Herausforderungen begegnet?
HF: Die Covid-19-Pandemie und ihre Folgen haben unsere Strategie in diesem Jahr auf eine harte Probe gestellt und wir mussten uns ständig an die herrschenden Bedingungen anpassen, um die verfügbaren Ressourcen zu schonen. Von Maßnahmen zur Kostenkontrolle und der Schließung unrentabler Geschäfte haben wir eine weitere Verlagerung in Richtung E-Commerce erlebt. Durch die stärkere Konzentration auf unsere E-Commerce-Plattformen und die Erleichterung des Einkaufs für die Kunden ist unser digitales Geschäft auf nunmehr 35 Prozent vom Gesamtumsatz angewachsen. Und es wächst jede Woche weiter.
Während der Pandemie konnten wir unseren Service „PO.P Second Hand“ erfolgreich inzwischen in allen unseren nordischen Geschäften einführen, mit vielen positiven Rückmeldungen von Kunden und von anderen Akteuren.
CB: Wie schätzen Sie aus der schwedischen Sicht den deutschen Markt ein? Worin liegen für Sie die Chancen, worin die Herausforderungen?
HF: Der deutsche Markt weist viele Ähnlichkeiten mit dem schwedischen Markt auf. Beide wollen hochwertige, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Kleidung mit praktischen Funktionen. Und genau dafür steht PO.P. Wie alle Eltern auf der ganzen Welt legen es auch deutsche Eltern darauf an, sich das Beste für ihr Kind zu wünschen. Sie sind daher bereit, durchaus etwas mehr Geld für Kleidung auszugeben, die den Alltag sowohl in praktischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Funktionalität etwas einfacher macht.
Wir machen die Erfahrung, dass die Marke für den deutschen Markt weniger wichtig ist – Design, Qualität und Preis fallen hingegen stärker ins Gewicht. Das zu erkennen ist natürlich ebenso für die Ausrichtung unserer Marketinganstrengungen wichtig wie auch für die Gestaltung der Plattform, auf denen die Kunden unsere Kleidung kaufen können. Wir glauben an unsere Kleidung und daran, dass sie dem deutschen Standard gerecht wird. Und wir glauben, dass sie unseren Streifen eines Tages genauso lieben werden wie wir.
CB: Erst seit Juni 2020 sind Sie hierzulande mit einem deutschsprachigen Online-Shop präsent. Was war die Ursache für die lange Deutschland-Abstinenz? Und was der Auslöser, nunmehr aktiv zu werden?
HF: Seit mehreren Jahren verkaufen wir bereits über unsere EU-weite Website nach Deutschland, aber ohne jegliche Promotion der Aktivitäten. Deutschland steht eigentlich schon seit einigen Jahren ganz oben auf unserer Liste, einfach weil es nach unserer Einschätzung keine so großen kulturellen oder geografischen Unterschiede wie beim Klima gibt. Vieles hat dann mit Timing und den internen Ressourcen zu tun.
Letztes Jahr haben wir unser Geschäft angepasst, um besser auf den Omnichannel-Vertrieb eingehen zu können. Durch den Umzug in ein neues, hocheffizientes, zertifiziertes Lager und die Übertragung unserer E-Commerce-Aktivitäten auf eine neue Plattform mit erhöhter Kapazität haben wir unser Geschäft zukunftssicher gemacht. In diesem Jahr haben wir dann noch eine Feinabstimmung dieser Anpassungen vorgenommen.
Als Covid-19 Anfang 2020 auf die Bühne trat, dachten wir, dass es jetzt – wie auch viele andere Akteure das einschätzten – im Bereich des Online-Shoppings zu einem neuen Allzeithoch kommen wird. Daher verkürzten wir unseren eigentlich auf zwei Jahre ausgelegten Geschäftsplan auf weniger als vier Monate.
CB: Gerade in diesem Jahr in eine deutsche Expansion zu investieren, scheint finanziell mutig.
HF: Wir waren der Meinung, dass es das Risiko wert ist, um den vorherrschenden Kundenanforderungen gerecht zu werden und um auf neue Märkte zu expandieren. Die Welt verändert sich direkt vor unseren Augen in einem hohen Tempo.
Wir hatten einige Nachforschungen angestellt und wussten, dass Interesse in Deutschland an nachhaltiger Kinderbekleidung ganz allgemein und an Polarn O. Pyret im Speziellen besteht. Und wir freuen uns, sagen zu können, dass der Start in diesem Jahr all unsere Erwartungen bereits mehr als erfüllt hat!
CB: Konnten Sie bereits Unterschiede bei den Vorlieben der deutschen Konsumenten gegenüber den schwedischen ausmachen?
HF: Einige wenige. Unsere gestreiften Kleidungsstücke stehen nicht auf der Liste der Verkaufsschlager – zumindest noch nicht. Wir hoffen, dass die deutschen Verbraucher unseren Streifen in den kommenden Jahren genauso lieben lernen und schätzen werden wie wir.
Der deutsche Markt scheint insgesamt einen höheren Standard zu haben, wenn es um den E-Commerce geht, zum Beispiel in Bezug auf Zahlungsmöglichkeiten, Lieferoptionen und Gebühren im Zusammenhang mit dem Kauf. Dies ist natürlich kein negativer Aspekt, sondern vielmehr ein sehr interessanter Unterschied, wie sich ein ausländischer Markt in seinem Verhalten von unserem in Schweden so stark unterscheiden kann.
CB: In der Schweiz sind Sie über einen Master-Franchisepartner online und stationär vertreten.
HF: Ja, in der Schweiz eröffnen wir im kommenden Frühjahr mithilfe unseres lokalen Master-Franchisepartners einen Laden in Zürich und einen Online-Shop. Wir fahren das gleiche System in den USA, Großbritannien und in Island. Die Partner verkaufen eine Auswahl unseres Sortiments in eigenen Geschäften. In fast allen Fällen ist der Franchisepartner in irgendeiner Weise auf unsere Marke aufmerksam geworden und hat in ihr Chancen gesehen, diese in seinem Land mit Erfolg zu vertreiben.
Die Partner sind ein Teil von Polarn O. Pyret, arbeiten aber als eigenständiges Unternehmen, indem sie die Produkte von uns kaufen und eine Kommissionsgebühr auf der Grundlage der Verkäufe zahlen. Alles in allem haben wir derzeit 21 physische Franchisegeschäfte und acht E-Commerce-Franchiseshops.
CB: Nun noch abschließend: Wie groß ist das Sortiment, welche Bekleidungssegmente und Größen deckt es ab und welche Preislagen bedienen Sie?
HF: Wir haben eine neue Sortimentsstruktur eingeführt, indem wir die Variationen im Sortiment gestrafft haben. Dies geschieht durch Erhöhung des Anteils an Carry-Overs, Erhöhung der Grundfarbkarte und durch die Reduzierung saisonaler Produkte.
Diese Änderung hat mehrere Ziele. Wir reduzieren die Anzahl der Produkte, die wir produzieren, wir verringern die rein saisonalen Verkäufe und erhöhen insgesamt die Rentabilität bei gleichzeitiger Verringerung von Überproduktionen. Diese Änderung wurde von unseren Kunden gut aufgenommen.
Wir haben die Anzahl der Artikel, die in diesem Jahr in den Verkauf kommen, um 33 Prozent verringert. Unser Sortiment besteht hauptsächlich aus Alltagskleidung für Kinder, die sowohl für die Schule als auch für Partys geeignet ist, sowie aus Oberbekleidung für alle Wetterbedingungen. Wir stellen Kleidung für die Altersgruppe 0 bis 12 Jahre her, das heißt EU-Größen 44 bis 152. Die Preisspanne variiert je nach Produktkategorie. Unsere Kleidung ist im teureren Segment angesiedelt, aber aus unserer Kundenumfrage wissen wir, dass schon heute 54 Prozent unserer Oberbekleidung von drei oder mehr Kindern getragen wird, was künftig gern noch zulegen darf.