Neue modulare Kindersitzsysteme wie von Britax Römer rücken ein Verkaufsthema in den Vordergrund. Im Interview wirft nicht nur Henning Albertsen ein Schlaglicht auf die Systeme. Auch das neue iSense-System sorgt künftig für mehr Licht im Dunkeln.
Nicht immer ist ein Ansatz neu. Doch manchmal wächst er sich mit der Zeit zu einem neuartigen Gesamtkonzept aus. Dazu gehören auch die Anstrengungen mehrerer Hersteller, bisher schon aufeinander abgestimmte Produkte durch eine noch weiter greifende Kompatibilität zu sogenannten „modularen Systemen“ zu deklarieren. So sorgen Adapter bereits seit Langem für die Nutzung von Babyschalen auf Kinderwagengestellen, darunter die allseits bekannten Maxi-Cosi Adapter, die übrigens nicht normiert sind.
Neben Anbietern wie Cybex oder Joie bläst seit 2021 auch Britax Römer das Horn für die neue Welt der mitwachsenden Produktfamilien. Dabei liegt der Schwerpunkt nicht auf der Kinderwagennutzbarkeit von Babyschalen, sondern vielmehr auf einer Ausrichtung an gemeinsam einsetzbaren Produkten im Bereich von Rückhaltesystemen im Pkw.
Ziel ist es, dass ein Kind durchgehend die Produkte eines Herstellers nutzen kann – und damit natürlich auch nutzen soll. Modulare Systeme versprechen eine aufeinander abgestimmte Sicherheitsarchitektur, die vom Neugeborenen bis zum Ende der Verwendungspflicht von Rückhaltesystemen für Kinder reicht. Gemäß der gesetzlichen Vorschriften für Kindersitze sind sie verpflichtend, bis das Kind das 12. Lebensjahr vollendet oder eine Körpergröße von 150 Zentimetern erreicht hat.
Die neuen, beziehungsweise in der Kommunikation neu herausgestellten, „modularen Systeme“ bieten dabei auch dem Handel frische Ansätze für Verkaufsgespräche mit ihren Kunden. Komplexität führt häufig dazu, dass Verbraucher Beratung vermehrt nachfragen. Die Produkte lassen sich beratungsintensiver und damit auch werthaltiger vermitteln.
Natürlich bedienen die Systeme auch das Interesse der Hersteller, einmal gewonnene Kunden an sich zu binden. Ein Wechsel zu einem Produkt, das nicht zum modularen Gesamtsystem gehört, bedeutet gegebenenfalls eine erneute Investition in eine neue Basis – die ökonomisch für den Verbraucher keinen Sinn macht. Vorteilhaft ist aber auch, dass sich Eltern künftig hoffentlich leichter davon abhalten lassen, bei größeren Kindern auf reine Sitzerhöhungen zurückzugreifen. Ihr mangelnder Seitenaufprallschutz hat den ADAC nach dem jüngsten Test im April 2021 erneut vor den Produkten warnen lassen.
Britax Römer hat seinen modularen Systemen zudem eine neuartige Beleuchtung gespendet, wie Henning Albertsen im Interview ausführt.
Childhood Business: In der letzten Zeit stößt man immer wieder auf das Stichwort „modulare Systeme“. Was verstehen Sie als Hersteller darunter genau?
Henning Albertsen: Unter einem „modularen System“ verstehen wir mehrere Einzelprodukte, die erst in ihrem Zusammenspiel ihren ganzen Nutzen für den Kunden entfalten. Unser neues modulares System besteht aus der Basisstation „Flex Base iSense“, zwei auswählbaren Babyschalen – der „Baby-Safe iSense“ oder der „Baby-Safe3 i-Size“ – und dem Folgesitz „Dualfix iSense“. Die Babyschalen des modularen Systems passen zudem perfekt zu unserem Kinderwagen „Smile III“.
CB: Worin liegt das Besondere solcher Systeme? Welche Vorteile sehen Sie darin?
HA: Modulare Systeme bieten ein Plus an Sicherheit und Einfachheit in der Nutzung. Der Kunde kann auf einer einzigen Basisstation zwei unterschiedliche Sitze installieren. Hat sich der Kunde zunächst nur für das Grundpaket aus Base und Babyschale entschieden, muss er später nur den Folgesitz kaufen und kann ihn einfach auf seine Base klicken – ohne irgendwelchen Installationsaufwand.
Für Eltern mit zwei Autos bietet das System zudem die Flexibilität, den Sitz ganz einfach zwischen den Autos zu wechseln, ohne jeweils auch die Base umzubauen. Die attraktiven Paketpreise und Kombinationsangebote machen die Produkte zudem auch in finanzieller Hinsicht interessant.
Aber die Modularität selbst ist eigentlich nicht der allerwichtigste Punkt. Der Fokus für Eltern und auch für Britax Römer liegt selbstverständlich weiterhin auf dem Thema Sicherheit: Produkteigenschaften wie der patentierte Rundumschutz oder der Fünf-Punkt-Gurt, maximale Sicherheitsstandards und natürlich Qualität und Verlässlichkeit „made in Germany“ sind die wichtigsten Faktoren bei der Entwicklung und beim Kauf eines Kindersitzes.
CB: Es scheint, als gäbe es mit der separaten Base-Station doch schon seit Jahren eine gewisse Modularität. Wieso kommt es dann erst jetzt zur Vermarktung aufeinander aufbauender Systeme?
HA: Das ist richtig. Schon in der Vergangenheit gab es einzelne Module, die in Kombination genutzt werden konnten. Wir führen in unserem Sortiment seit Jahren erfolgreich den „Baby-Safe2 i-Size“ mit der „Flex-Base“. Modulare Systeme mit Folgesitz sehen wir daher als konsequente Weiterentwicklung einer langjährigen Evolution. Revolutionär ist aber, wie wir seit diesem Frühjahr mit unseren neuen „iSense“-Produkten mit intelligentem Licht das Konzept von Modularität neu definieren.
CB: Was sollte aus Ihrer Sicht ein gutes modulares System beinhalten – und was betrachten Sie als überflüssige Ausstattung?
HA: Ein gutes System muss sich in erster Linie am Kunden und an den Anforderungen des Alltags ausrichten. Die gesamte sicherheitsrelevante Nutzung sollte daher einfach und intuitiv von der Hand gehen und zugleich stets ergonomisch für Eltern und Kind sein. Unsere „Flex Base iSense“ ist selbstverständlich mit Isofix ausgestattet und kann daher einfach im Auto verbaut werden. Zudem lässt sich auf unserer Base der Winkel der Sitze verstellen, um die Schräge mancher Fahrzeugsitze auszugleichen, was eine gleichbleibend ergonomische und sichere Liegeposition des Kindes gewährleistet, vor allem in der Babyschale.
Bei Drehen und Verriegeln der Sitze auf der „Flex Base iSense“ zeigt ein Indikator, dass das System fahrbereit ist. Zudem sind auf der „Flex Base iSense“ die beiden Sitze um 90° zur Tür hin drehbar; dadurch können Eltern das Kind unkompliziert ins Auto setzen und herausnehmen.
Sicherheit und Komfort sind für uns bei Britax Römer die zentralen Themen. Auf jede Funktionalität, die ein modulares System unnötig kompliziert macht, verzichten wir daher. Dies prüfen wir während unserer Produktentwicklungsphase sorgfältig in groß angelegten Studien mit Eltern und Kindern.
CB: Erwarten Sie durch solche Systeme auch weniger „Misuse“, also falsche Handhabung? Und wenn ja, warum?
HA: Das Isofix-System brachte bereits einen riesigen Fortschritt bei der Vermeidung von Fehlnutzung von Kindersitzen mit sich. Ein zweiter wichtiger Punkt ist aus unserer Sicht, dass weniger Fehler passieren können, wenn Umbau und Umgewöhnung besonders einfach sind. Unsere Basisstation kann zum Beispiel bis zum vierten Lebensjahr des Kindes und für zwei Kindersitze hintereinander verwendet werden.
Somit glauben wir, dass auch modulare Systeme durch ihre lange Anwendung zur Minimierung von Fehlnutzung beitragen. Aber uns ist vor allem wichtig, die Nutzung der Base und der Sitze so intuitiv wie möglich zu gestalten und dadurch die Sicherheit des Kindes stets, von Anfang an und in jeder Situation, zu gewährleisten.
CB: Werden künftig immer mehr Hersteller in Richtung Modularität gehen? Oder ist die Kompatibilität eine Domäne der größeren, namhaften Anbieter?
HA: Ausgehend von Kundenstimmen und Marktakzeptanz werden sich weitere Hersteller dem Thema Modularität widmen. Doch wir wissen auch, dass mit der Anzahl der Komponenten eines Systems auch dessen Komplexität exponentiell steigt – es müssen einfach mehr Einzelteile und Konfigurationen getestet und geprüft werden. Zur erfolgreichen Entwicklung eines modularen Systems bedarf es daher einer Menge an Wissen und Erfahrung, die auch erst einmal vorhanden sein oder erarbeitet werden muss.
CB: Es scheint, als wäre Cybex hier Vorreiter gewesen. Inwieweit hat Sie der Wettbewerb zu Ihrer eigenen Lösung angetrieben? Waren Sie schon „dran“, als ein Bayreuther Wettbewerber mit seinem System auf den Markt kam?
HA: Die Idee zu modularen Systemen gibt es ja schon länger. Auch wir hatten in den letzten Jahren Base-Babyschalen-Kombinationen und bereits vor über zehn Jahren ein System aus zwei Sitzen und einer Base. Die enorme Popularität unseres „Dualfix“ und der „Baby-Safe“-Reihe hat uns dann angespornt, diese äußerst beliebten Produkte noch besser und allesamt auf einer einzigen Basisstation nutzbar zu machen.
Unser neues modulares System basiert auf zwei unserer beliebtesten i-Size-Produkte auf dem Markt, dem „Baby-Safe i-Size“ und dem um 360° drehbaren „Dualfix i-Size“. Die allseits hochgeschätzten Funktionalitäten dieser beiden Produkte finden unsere Kunden auch im modularen System wieder – Drehfunktion zur Tür, der Rundumschutz, der Fünf-Punkt-Gurt und die ergonomische Liegefunktion der Babyschale.
Dies alles haben wir dann noch hinsichtlich Komfort und Alltagstauglichkeit optimiert, beispielsweise durch die 360°-Dreh-Funktion oder den Einbau der revolutionären intelligenten Lichter in die iSense-Modelle.
CB: Was spricht ganz besonders für Ihre Lösung?
HA: Wir sind sehr stolz, dass unser neues modulares iSense-System bereits vor seiner Markteinführung den renommierten Red Dot Design Award gewonnen hat – verdientermaßen, wie wir finden.
Das Einzigartige an unseren iSense-Modellen ist, dass sie mit einer intelligenten Licht-Technologie ausgestattet sind. Die Komfort-Innenbeleuchtung erlaubt es dem Kind, im Dunkeln zu sehen. Und auch die Eltern können ihr Kind sehen, um sicher zu sein, dass es ihm gut geht.
Der „Baby-Safe-iSense“ ist zudem unten mit Installationslichtern ausgestattet, die beim Aufsetzen der Babyschale auf Base oder Kinderwagen helfen. Er beinhaltet auch die neuen und einzigartigen seitlichen Sicherheitslichter, die dafür sorgen, dass man unterwegs im Dunkeln gesehen wird, zum Beispiel, wenn man die Babyschale aus dem Auto ins Haus trägt oder auf den „Smile III“-Kinderwagen setzt.
Der „Smile III“ ist ja sozusagen eine Ausbaukomponente unseres Systems, und er wird von 98 Prozent der befragten Hebammen empfohlen. Kompatibel sind die Babyschalen aber auch mit anderen Kinderwägen auf dem Markt.
Das iSense Modular System wurde in Deutschland entwickelt und auf unserer eigenen Crashtest-Anlage nach unseren hohen internen Standards, über die geltenden Normen hinaus, getestet.
Unsere Produktion in Deutschland, an der wir – als einer der ganz wenigen Kindersitzhersteller – weiterhin aus Überzeugung festhalten, ist wichtig für das Vertrauen unserer Händler und Kunden. „Made in Germany“ stellt aus unserer Sicht einen Mehrwert dar, heute vielleicht sogar mehr als je zuvor. Jedes Produkt aus dem Haus Britax Römer ist ein kompromissloses Qualitätsversprechen gegenüber Kindern und Eltern, gegenüber unseren Händlern und Partnern und gegenüber unserer Umwelt.
CB: An welchen Stellen ließe sich bei den eigentlich recht ausgereiften Systemen die Sicherheit doch noch weiter erhöhen?
HA: In unserem Werk in Leipheim setzen wir bereits heute modernste Prüftechnik ein, um die Qualität in der Fertigung sicherzustellen. Teils in enger Zusammenarbeit mit führenden Automobilherstellern forschen wir immer weiter zu Themen wie optimaler Gestaltung des Lastpfades, überlegenen Materialeigenschaftenn oder intuitiver und einfacher Nutzung aller Bedienelemente, denn all dies sind Sicherheitsfaktoren.
Interessant ist und bleibt natürlich der Einsatz von weiteren innovativen Technologien für Sicherheit und Komfort — wie bereits unsere heutige Lichtlösung. Hier arbeiten wir ständig weiter.