Schwächen und auch Chancen!

Pitti Bimbo - tut sich auch Anfang 2024 noch schwer.
Pitti Bimbo – tut sich auch Anfang 2024 noch schwer.

Einst waren die Großveranstaltungen der Kindermode in Florenz und Paris einsame Spitze. Noch immer fehlen Aussteller, sodass in dieser Saison die Supreme Kids mit der Playtime Paris gar gleichauf liegt.

Mancher hat geschmunzelt, andere den Kopf geschüttelt: Nichts weniger als Europas größte Messe wolle man werden und es mit der Pitti Bimbo und mit der Playtime Paris aufnehmen!

Als Aline Müller-Schade, die geschäftsführende Gesellschafterin der Supreme Kids, mit Eugen Chakhnovitch den ehemaligen Sales-Manager der CWF Group und ein ausgewiesenes Enfant terrible der Branche zum Sommer 2023 nach München holte, gab er im Gespräch mit Childhood Business genau dieses ehrgeizige Ziel – man wolle die „Trade Show Nummer 1 für Kindermode in Europa“ werden – aus.

Und was vor Corona unerreichbar, ja unvorstellbar war, rückt aufgrund der Schwäche der Leitmessen der Kindermodebranche plötzlich und unerwartet in greifbare Nähe. Zumindest in Bezug auf einen Parameter beim Vergleich der Veranstaltungen.

Anfang 2024 ist die Supreme Kids mit 322 Labels an er Spitze – und erreicht damit, Stand Redaktionsschluss, auf den Punkt genau die gleiche Anzahl an Marken wie die Playtime Paris. Damit rücken beide Veranstaltungen, Kopf an Kopf, auf den Spitzenplatz in Europa. 

Mission completed? 

Das ungewohnte Bild ergibt sich vor allem aufgrund der Schwäche der Leitmessen. Diese wurden durch Corona ärger gebeutelt, da sie teilweise mehrere Saisons lang gar nicht stattfanden.

Hinzu kommt insbesondere bei der Pitti Bimbo, dass diese mit ihre Stärke im Bereich der Premiummarken einst viele Fachbesucher aus Osteuropa anzog – ein Reservoir, das seit dem Krieg in der Ukraine deutlich ausgetrocknet ist.

Die Playtime Paris setzt hingegen auf Designer-owned-Brands, deren Budgets kleiner sind und die ihrerseits insgesamt ums Überleben kämpfen.

Beide Veranstaltungen dürften aufgrund der hohen Ausstellerkosten selbst mit den deutlich reduzierten Ausstellerzahlen mehr Umsatz erwirtschaften als jeder der deutschen Ordertage. Doch leisten sich das vor dem wirtschaftlichen Hintergrund derzeit deutlich weniger Marken.

Überhaupt ist die Anzahl der zur Vorlage anzutreffenden Labels nur ein Kriterium zum Vergleich der Messeplätze, das sich aber anhand der von unserer Redaktion Saison für Saison sorgsam ausgewerteten Veranstaltungsverzeichnisse am besten auswerten lässt. Schon die Zahl der Aussteller zeigt ein nuancierteres Bild.

Denn während hierzulande auf den regionalen Ordertagen Handelsvertretungen das Bild prägen, die in der Regel mit mehreren Marken vorstellig werden, sind es in Paris, Florenz und auf der Ciff Kids in Kopenhagen zumeist die Designer und Hersteller selbst, die sich präsentieren.

Diese Angaben werden von den verschiedenen Veranstaltern allerdings nicht vergleichbar ausgewiesen, doch dürfte das Verhältnis von Marken zu Ausstellern im deutschsprachigen Raum höher ausfallen als im Ausland.

Doch worauf es am Ende ganz besonders ankommt, ist die Zahl an Fachbesuchern, die eine Veranstaltung zu mobilisieren versteht.

Gerade hier halten sich die Veranstalter am bedecktesten – und zeigen sich am kreativsten. Denn entweder werden sie nicht veröffentlicht oder neigen dazu, sich in Dimensionen zu bewegen, die sich vor Ort nicht immer nachvollziehen lassen.

Auch wenn es vor allem um die Qualität der Besucher als die reine Menge geht – an die Zahlen aus Florenz und Paris kommt keine Konkurrenzveranstaltung auch nur annähernd heran.

Internationale Messen und deutschsprachige Ordertage Anfang 2024 nach Anzahl der ausgestellten Marken
Internationale Messen und deutschsprachige Ordertage Anfang 2024 nach Anzahl der ausgestellten Marken

Vor Corona meldete die Pitti Bimbo rund 10.000 Besucher, die Playtime Paris Anfang 2019 zuletzt etwas mehr als 7.235. Nach dem Re-Start Anfang 2022 wurden noch pauschal rund 2.000 genannt, doch die vormaligen After-Fair-Reports aus Paris sind seitdem nicht mehr erschienen.

Andere Standorte melden ohnehin gar keine Besucherzahlen und bewegen sich meist im dreistelligen Bereich.

Da die Messen vor allem von den Ausstellergebühren leben, stehen die für die zahlenden Kunden allerdings sehr bedeutsamen Besucherzahlen an zweiter Stelle.

Wenn die Aussteller aber aufgrund schwacher Besucherzahlen und steigender Kosten ausbleiben, spätestens dann geht das Licht aus, wie jüngst auf der niederländischen Sunday School. Der Versuch, das Event Anfang 2024 wieder gen Amsterdam zu bugisieren und so neu zu beleben, schlug fehl.

Auch Veranstaltungen wie die Ciff Kids stehen auf der Kippe, denn nach einst 350 Labels sind gerade mal noch 60 einfach keine Anreise mehr wert, von denen lediglich ein Drittel exklusiv in Kopenhagen zu sehen sind.

Einen, allerdings fernen Akzent gibt es mit der im Februar 2024 erstmals startenden Children’s Show in New York, die sich als italienische Exportbestrebung aus dem Dunstkreis der Pitti Bimbo daranmacht, US-Kunden vor Ort zu adressieren.

Die rund 320 Labels der Supreme Kids sind ein starker Etappenerfolg, der vor allem den Standort wieder an die – nach Zahl der Marken – zuletzt von der Kindermoden Nord bespielten deutschen Spitze befördert.

Entscheidend aber ist, dass die Veranstalter alles daransetzen müssen, neue Fachbesucher zum Beispiel aus dem Bereich der Concept-Stores zu aktivieren. Wem hier etwas gelingt, der gehört an die Spitze.

Für eine europaweite Spitze bedarf es allerdings auch der Anstrengung, dass die Besucher dann aus aller Welt kommen müssten. 

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