Die Besucherfrequenz auf den Messen geht zurück. Dabei steigen die Anzahl der Formate, das Angebot an Marken und die Notwendigkeit, attraktive Sortimente zu ordern.
Der Markt für Kinderschuhe ist in Bewegung – oder auch nicht. Das kommt ganz auf die Betrachtungsweise an. Einerseits poppen immer wieder neue Termine und Formate auf dem imaginären zentralen Messekalender auf. Und auch zahlreiche bestehende Events bieten sich dem Segment an. Andererseits mobilisieren sie immer weniger Einkäufer und der tatsächlich zu beobachtende Footfall auf den Messen geht zurück. Hier hinken manche Veranstalter in der wahrhaften Kommunikation noch etwas hinter der Entwicklung zurück, aber Aussteller können das aus eigener Erfahrung anhand von Orderzahlen, aber auch Kontakten und Gesprächen ausreichend gut einschätzen.
Interessant ist, dass ein nicht unerheblicher Teil der potenziellen Besucher zumindest zahlenmäßig von vielen Messen gar nicht mehr adressiert wird. Alte Verteiler, Kooperationen mit ebenfalls antiquiert agierenden Verbänden und der Mangel an Instrumenten oder geeigneten Partnerschaften führen zu einer strukturellen Nicht-Ansprache der zahlreichen, neuen Geschäfte. Wer sich nicht selbst kümmert, wird von Messeveranstaltern oft über mehrere Saisons nicht proaktiv informiert und eingeladen. Sicher, die wichtigsten Einkäufer sind bekannt und die quantitative Lücke entspricht zum Glück nicht dem qualitativen Gesamtpotenzial. Doch wer den Nachwuchs nicht an die etablierten Tränken heranleitet, sollte sich nicht wundern, wenn diese künftig an anderen Quellen ihre Bedürfnisse befriedigen.
Neue Messekonzepte
Trotz zurückgehender Besucherfrequenzen – oder gerade deswegen – entstanden allein in den letzten zwei Jahren mehrere Angebote, die (auch) die Kinderschuhbranche in die großer Orderversuchung zu locken suchen. Die größten Anstrengungen unternimmt dabei die Gallery Shoes (2. bis 4. September), die einerseits als Nachfolger der GDS wahrgenommen wird, was andererseits aber übersieht, dass nicht nur der Veranstalter gewechselt hat, sondern auch die Konzeption neu aufgesetzt wurde. Das spiegelt sich nicht zuletzt in der eindrucksvollen Location auf dem Areal Böhler in Düsseldorf wieder, findet seinen Niederschlag in den demokratischen Flächenumfänge der Aussteller und zeigt sich in dem konzentriert und engagiert arbeitenden Team, das dafür sorgt, ein im Kern relevantes und an den Rändern attraktives Markenangebot zusammenzustellen.
Ein ansprechendes Sortiment wollte auch die Cookies Show in Berlin schaffen. Dazu wurde das Sortiment um Möbel, Kinderwagen und manch andere Bereiche ergänzt. Doch während sich solche Konzepte im Kindermodebereich bei Concept Stores Anklang finden, löst die gattungsfremde Produktwelt im Kinderschuhfachhandel bei den meisten Betreibern kein besonderes Mehrwertempfinden aus. Dabei böte es sich an, die Kinderschuhwelt durch Präsentationsbeispiele, Materialschauen und Tipps für Schaufenster, durch Ideen für Kundenbindungsprogramme und eine Zusammenstellung themennaher Accessoires-Anbieter zu bereichern. Doch die Messe wurde erneut eingestellt, dem Vernehmen nach aufgrund interner Probleme.
Inzwischen hat sich mit der etwas sperrig und unhandlich betitelten Eventreihe Kinderschuh Ordertage ein neues Format aufgetan. Veranstalter Thomas Wetzlar setzt, hauptberuflich als Handelsvertretung des italienischen Unternehmens Falc mit den Marken Falcotto, Moschino Baby Kid Teen, Naturino und W6YZ unterwegs, auf eine reine Orderplattform mit regionalen Terminen. Nach dem Start Anfang 2018 in Breitscheid, finden im August gleich vier Termine statt: in Berlin (12. bis 13. August), erneut in Breitscheid (19. bis 20. August), in Hamburg (26. bis 27. August) und in München (5. bis 6. August). Für Wetzlar steht im Vordergrund, dass die Termine nicht zu früh und nicht zu spät liegen und daher klar für das Ordern ausgelegt sind. Networking ist ebenfalls ein Stichwort und die regionale Ausrichtung soll lange Anreisen unnötig machen.
Mit den Terminen am Sonntag und Montag sollen Unternehmer an einem freien und Firmeneinkäufer an einem Arbeitstag angesprochen werden. Zahlreiche Aussteller nehmen mit ihren Marken an allen der vier Termine teil, manchen sind Termine an vier aufeinanderfolgenden Wochen doch zu zahlreich oder sie sind als Handelsagenturen einer Marke nicht für alle Gebiete zuständig.
Der Reigen wird durch weitere Veranstaltungen komplettiert. Sei es durch die Quartershoestart Kids in Schkeuditz (10. bis 12. August) oder die Campus Starter (21. bis 23. August) vom ANWR. Am Saisonende steht dann noch die Micam in Mailand (16. bis 19. September) an. Die italienische Messe unternimmt Anstrengungen, den Kids-Bereich mit dem Segment „i-Kids“ in der Halle 4 zu stärken.
Doch allein in Bezug auf die Anzahl an Marken, zumal solchen, die man nicht in Deutschland zum Beispiel auf der Gallery Shoes sehen kann, lohnt ein Besuch allein des Kinderschuhs wegen auch in diesem Jahr noch nicht. Nicht zuletzt liegt das auch daran, wie Ulrike Kähler im Interview mit Childhood Shoes sagte, dass der Vertrieb von Marken mittlerweile vielseitig aufgestellt ist. Messen und Ordertage sind nur zwei der vielen Vertriebstools. Hinzu kommt natürlich bei allen größeren Marken auch die Nutzung von einem eigenen Außendienst oder der Einsatz von Handelsagenturen, sodass die alleinige Exklusivität der Messen in Bezug auf die Markenvielfalt zurückgeht.
Branchenmessen versus Kindermodeevents
Eine Besonderheit der Branche liegt auch darin, dass zahlreiche und um genau zu sein: die große Mehrzahl an Kinderschuhmarken gar nicht auf den Branchenmessen für Schuhe ausstellen. Bereits in der letzten Ausgabe von Childhood Shoes hatten wir unter dem Titel „Mehr Marken für das Kinderschuhsortiment“ herausgearbeitet, dass sich rund 180 Marken auf Branchenevents präsentieren, denen aber gut 850 Marken auf Kinderbekleidungsevents wie der Pitti Bimbo, der Playtime Paris und den anderen europäischen Messen oder Ordertagen im deutschsprachigen Raum wie einer Supreme Kids, Kindermoden Nord sowie Kids Now oder einer Kind + Jugend gegenüberstehen. Irgendetwas stimmt da also nicht im Kinderschuhland. Denn eigentlich müsste sich der Fachhandel für dieses Segment empfehlen und die Markenkompetenz auch in den Randbereichen sichern.