Der allgemeine Einkäuferschwund auf den Messen ist Trend. Doch die Veranstalter reagieren und passen die Konzepte an. Childhood Business fasst im Rückblick die Messesituation zusammen: national wie international.
Blickt man zurück auf die letzten Monate mit ihren Entwicklungen in der europäischen Messelandschaft für Kindermode, ergibt sich eine Fortschreibung des Geschehens der letzten Saison. Die Messen sind im Umbruch und justieren ihre Konzepte, sie prüfen die zeitliche Lage und insgesamt zeigt sich ein leichter, aber steter Rückgang der Besucherströme.
Es gibt starke Veranstaltungen wie die Pitti Bimbo oder Playtime Paris. Sie beeindrucken mit jeweils mehr als 500 Marken. Auf diesen Formaten hat es sich anders als in Deutschland etabliert, dass bei kleineren Labels die Designer oder bei größeren die Mitarbeiter der Markenhersteller auf den Messen selbst ausstellen. So stehen auf der Pitti in Florenz hinter etwas über 500 Marken gut 85 Prozent Aussteller. Die Playtime kommt bei knapp 580 Marken auf eine sogar noch leicht höhere Quote von fast 87 Prozent. Und beide Messen gelten als wahre Besuchermagneten, sodass allein der Besuch nicht nur Raum für zahlreiche Entdeckungen von Marken, Möglichkeiten für Kontakte und Anregungen rund um eine moderne Sortimentsgestaltung bietet, sondern allein schon von der Besucherfülle motivierend wirkt. Zudem managen beide Veranstalter das hohe Interesse unter potenziellen Ausstellern auf geschickte Weise. So schaffen sie attraktive Ausstellungsareale und verdichten Marken zu einem kompakten, sich ergänzenden Produktangebot.
Wie attraktiv eine solche Messestrategie aufgehen kann, zeigt sich nicht nur bei der Playtime, bei ihr aber am konsequentesten: Interessenten buchen keinen Stand, sondern bewerben sich um eine Teilnahme. Und immer wieder berichten Designer, dass sie nur einen Platz auf der Warteliste ergattern konnten – und das vielleicht schon im zweiten oder dritten Jahr. Aber ganz spurlos geht die allgemeine Entwicklung auch an den Platzhirschmessen nicht vorbei. Bei der Pitti Bimbo heißt es für Aussteller am dritten Messetag, immer einem Samstag, schon länger, nun aber immer stärker „durchhalten“, da die Besucher nur noch vereinzelt hereintröpfeln. Und auf der Playtime haben zum Beispiel die Maternity-Aussteller stark abgenommen, obgleich gerade dieses Segment hier bisher den europaweit stärksten Auftrieb verzeichnete.
Andere Messen wie die Kleine Fabriek setzten die Rekonfiguration ihres Formats fort. Das im letzten Sommer eingeführte Market-Konzept wurde etwas angepasst und gilt noch immer als eines der aufregendsten Standbauformate für Besucher. Die Anzahl der ausgestellten Marken legte leicht auf knapp 265 zu. Allerdings hatte der frühe Termin gleich in den ersten zehn Tagen im Januar so manchen Einkäufer nicht aus der Winterpause locken können. Und auch die Ausrichtung gemeinsam mit der Modefabriek mit deren DOB- und HAKA-Events wurde wieder aufgegeben. Besucherzahlen gibt die Messe nicht bekannt.
Die Ciff Kids ist da mit ihrer Neuausrichtung inklusive der neuen Heimat im Forum in Kopenhagen schon ein Stück weiter. Die Besucherzahlen legen nach dem allgemeinen Eindruck leicht zu und das Format ist, vor allem für einen so relativ kleinen Heimatmarkt, als wichtigste Veranstaltung in Skandinavien stark. Besucherzahlen gibt es auch hier nicht. Aber die Zahl der wiederkehrenden Marken sowie die des wachsenden Segments arrondierender Sortimente wie Interior und Toys belegen indirekt, dass sich das Orderaufkommen rechnet. Auf Designer übt die Ciff Kids eine ähnliche Attraktivität aus wie die Playtime Paris, was sich auch an der relativ hohen Quote der Marken ablesen lässt, die beide Formate nutzen. Auf immerhin 65 Marken traf das Anfang 2017 zu. Ein Vergleich mit der Pitti bringt hingegen nur 34 Marken hervor. Und hierbei handelt es sich zum größeren Teil um skandinavische Marken, die die Pitti als Plattform suchen, als dass umgekehrt südeuropäische Marken in den Norden drängen.
Gerade einmal 17 Marken nutzen übrigens alle drei Messen, darunter 1 + in the family, Little Ones, Little Remix, Naturino, Popupshop und Sways By Rains. Die Bubble London und die inzwischen terminlich entkoppelte Satellitenveranstaltung Dot to Dot führen schon immer ein gewisses Eigenleben gegenüber den international agierenden Kindermodemarken. Das ist vielleicht durch die Insellage bedingt und könnte sich im Zeichen des Brexit verstärken. Dabei bietet der Standort London Chancen besonders für Premiumlabels aufgrund der internationalen, kapitalkräftigen und auch luxusorientierten Kunden in der Stadt. Schaut man auf die Marken, die sowohl in London, Paris und Florenz präsent sind, entdeckt man mit Cóndor, Igor, Old Soles, Patachou und Yporqué gerade mal fünf Überschneidungen. Doppelaussteller mit der Playtime sind 16 Marken und mit der Pitti immerhin 34. Hierbei drängen die Premiummarken aus Italien auf den Londoner Markt und umgekehrt ebenfalls hochpreisigere oder solche, die auf beiden Märkten auf einen rüschigeren oder exaltierten Geschmack treffen, nach Italien.
Die FIMI in Spanien pflegt ein vielleicht noch originäres Eigenleben. Die Messe hat einen sehr auf den spanischen Markt ausgerichteten Charakter und fungiert damit eher wie eine nationale Ordertagsveranstaltung, wobei sie vom Charakter her Züge einer Messe hat. Spanische Marken, die auf den Export setzen – seien es große Marken wie Boboli, Mayoral sowie Losan oder kleinere Labels – nutzen gezielt internationale Messen und nationale Handelsvertreter, um auf den jeweiligen Auslandsmärkten erfolgreich zu sein. Dabei verfügt Spanien mit der Asepri über eine exklusive Modeförderung, die auf der Pitti, CPM Moskau, Kind + Jugend und neu auch auf der Digno Mignon im kanadischen Montréal durch Schauen oder Gemeinschaftsstände und einem zweimal jährlich aufgelegten Katalog gerade auch die Kindermode stark unterstützt.
Die deutschen Ordertage
Bevor sich im Juli 2017 mit der Playtime Berlin ein neues Format vorstellt, haben die sieben wichtigsten Orderveranstaltungen in Deutschland noch einmal getagt. Die wichtigsten Daten sind auf der gegenüberliegenden Seite zusammengestellt. Dabei hat sich an der Rangfolge der Events nach Marken, Orderaktivität und Relevanz nichts geändert: Hier gelten die Supreme Kids, Kindermoden Nord und Kids Now als die wichtigsten Formate. Da wir die von der Supreme Kids mitgeteilten über 600 Marken aus dem Januar 2017 nicht ermitteln konnten, haben wir uns an den Katalog der Veranstaltung gehalten. Bereinigt um einige Anpassungen, bei denen wir unter anderem gemeldete New-Born-, Baby-, Kids- und Junior-Varianten einer Marke zusammenfassen, zählten wir für die Standorte München 375 Marken (+ 10 gegenüber dem Sommer 2016), Hamburg 372 Marken (+26, wobei das Gros des Zuwachses von der Lollypop stammt), Hofheim-Wallau 238 Marken (+22), Neuss 155 Marken auf der und (-80) und Schkeuditz 107 Marken (+12).
Insgesamt gab es 1.247 Markenteilnahmen, die von 645 Marken stammen. 20 Marken nahmen an allen fünf Standorten teil, 54 an vier Standorten, 113 an drei und 325 Marken, also gut die Hälfte, sind Exklusivaussteller, die nur an einem Event teilnahmen. Das sind oft Newcomer, regionale Anbieter oder neue Labels aus dem Ausland. Dazu gehören aber auch Premiumbrands, die nur eine zentrale Veranstaltung buchen. Bei den Exklusivmarken hat München die Nase vorn mit 115 Marken, dicht gefolgt von Hamburg (113) und mit Abstand von der Kids Now (47) sowie der MMC Kids Collections (29). Das Schlusslicht bildet Neuss mit 21 Exklusivmarken. Den höchsten Anteil an Exklusivmarken verzeichnet die Lollypop (40 Prozent), was sich zu einem großen Teil aus der Teilnahme von Grimmer & Sommacal speiste, die ihren noch im Jahr zuvor in Hamburg parallel zu den Ordertagen ausgerichteten privaten Showroom zugunsten der Lollypop aufgegeben hatten.
In Deutschland werden Marken oft über Handelsvertretungen präsentiert. Hinter 645 Marken standen insgesamt 268 Aussteller, die mit im Schnitt 1,6 Eventteilnahmen auf 433 Termine kommen.
Top-Marken nach Event-Teilnahmen
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