Als die Playtime einen Berliner Ableger startete, war der Zuspruch zunächst groß. Doch an die starken Besucherzahlen konnten die beiden folgenden Events nicht mehr anknüpfen – eine vierte Ausgabe wird es nicht mehr geben. Veranstalter Sébastien de Hatten steht trotzdem zu seinem Konzept – und konzentriert sich auf größere und offenere Märkte.
Dass den beiden Geschäftsführern und Geschwistern Marie Czapska sowie Sébastien de Hutten von Picaflor, dem Unternehmen hinter der Playtime-Serie, der Spaß am Kreieren immer neuer Angebote für Hersteller und Händler aus dem Bereich Kindermode mit seinen angrenzenden Segmenten wie Schuhe, Interior oder Gifts nicht vergangen ist, belegt die jüngste Ankündigung.
Playtime: Las Vegas statt Berlin
Nach dem Aus der Playtime Berlin, die im Sommer 2017 zum dritten Mal stattfand, aber erneut mit nur schwachem Zuspruch vonseiten der Besucher aus dem Handel zu kämpfen hatte, hat es nicht lange gedauert, bis der Veranstalter nun mit einem neuen Event wieder von sich reden macht. Mit Kid’s Hub geht das Team, das mit Veranstaltungen nicht nur in Paris und Tokio, sondern auch in New York aktiv ist, erneut in die Vereinigten Staaten, und zwar nach Las Vegas. Geplant ist ein neues Showkonzept, sodass der neue Termin auch nicht „Playtime Las Vegas“ heißt, sondern unter „Kid’s Hub Las Vegas“ firmiert. Die Urheberschaft macht aber der Zusatz „by Playtime“ deutlich.
Das Land sei einfach zu groß, heißt es in einer Pressemitteilung, als dass eine Event-Location allein, eben jene in New York, ausreichte, den riesigen Markt abzudecken. Und so geht es erstmals am 4. und 5. Februar 2019 in die Stadt des Glücksspiels. Natürlich ist der Playtime auch ein bisschen Glück zu wünschen, damit das neue Format nicht nur erfolgreich startet, sondern sich im Weiteren dann auch aussichtsreich entwickeln kann. Kid’s Hub soll sich vollständig an den Bedürfnissen der amerikanischen Einkäufer ausrichten und sich damit von den bestehenden Playtime-Formaten abheben.
In Berlin war das noch anders. Name und Konzept waren den bestehenden Formaten entlehnt. Vielleicht wäre auch für Deutschland ein eigenständiger Mix aus der allseits geschätzten Playtime-Inspiration, angrenzenden Sortimenten und manchen unikalen Designer-Highlights gut gewesen, der zugleich auf die Eigenheiten, Preislagen und notwendige Präsenz etablierter Ankermarken hätte eingehen müssen. Nach dem Aus der Playtime Berlin fragte Childhood Business de Hutten, wie er sich die fehlende Akzeptanz erklärt und ob er etwas hätte anders machen müssen.
Childhood Business: Die Playtime Berlin debütierte 2017 mit großer Resonanz, während danach die Besucher mehr und mehr ausblieben. Haben Sie den deutschen Markt unterschätzt?
Sébastien de Hutten: Mit der Entwicklung der Damenmodemessen in Berlin dachten wir, es sei an der Zeit, eine starke, kuratierte Veranstaltung für die Kinderindustrie zu schaffen, die sowohl Besucher aus Deutschland als auch aus den osteuropäischen Ländern anziehen würde. Doch es stellte sich heraus, dass aufgrund der historischen Dezentralisierung des Geschäfts in Deutschland die Einkäufer auf zu viele Veranstaltungen in verschiedenen Städten des Landes verteilt sind und wir einfach nicht so viele von ihnen anziehen konnten, wie wir es uns vorgestellt hatten. Und die Besucher aus den anderen europäischen Ländern sind augenscheinlich eher geneigt, zur viel größeren Show Playtime Paris zu reisen.
CB: Einige Kritiker bemängelten, dass Berlin zu wenige Aussteller bot und dass die meisten Marken hierzulande unbekannt waren und von daher nicht auf die Attraktivität des Termins einzahlten. Wie sehen Sie diese Kritik?
SDH: Darauf gehe ich nicht ein. Wir sind es schon gewohnt, dass jeder eine Meinung zu allem hat! Es braucht halt Zeit, die die meisten der Marken, mit denen wir zusammenarbeiten, im Moment leider nicht haben. Vor einigen Jahren, als der Markt völlig anders war, erlebten wir auf der Playtime New York, dass das Format lange als zu kreativ empfunden wurde. Heute hat sie sich als wichtige Veranstaltung fest etabliert.
CB: Deutsche Einkäufer sind nicht sonderlich experimentierfreudig. Wären mehr etablierte Marken nicht vorteilhaft gewesen?
SDH: Das ist bis zu einem gewissen Grad wahr. Und es ist kein Geheimnis, dass Designermarken eine Nische in einer Nische sind. Als wir die Playtime in Berlin einführten, stellten wir sofort einen Anstieg der Zahl der deutschen Besucher in Paris fest, wo es vor allem um Kreativität und kleinere unabhängige Marken geht. Frische, junge Marken gehen also doch! Auch an den Herausforderungen des Kindermodehandels sollte es nicht liegen, denn ich bin überzeugt, dass man in schwierigen Zeiten keinen Schritt zurück machen sollte. Es ist vielmehr genau der richtige Zeitpunkt, um neue Dinge auszuprobieren. Einige scheitern, andere funktionieren, das ist die grundlegende Natur des Unternehmertums.
Ich bin überzeugt, dass Berlin ein Erfolg geworden wäre, wenn wir es geschafft hätten weiterzumachen. Aber in den schwierigen Zeiten haben wir entschieden, uns auf die führende Veranstaltung in Paris zu konzentrieren, die Besucher aus der ganzen Welt anzieht, und auf unsere Shows in New York und Tokio, die einen größeren Markt eröffnen. Und wir erweitern auch unser weltweites Messenetzwerk, indem wir Kid’s Hub in Las Vegas starten. Dort werden wir ein anderes Angebot als zu den Playtime-Shows präsentieren, das auf amerikanische Käufer zugeschnitten ist.
CB: Was hätten Sie bei einer Fortsetzung noch geändert?
SDH: Eine Öffnung für Endverbraucher wäre eine Option gewesen, wie es die gute Resonanz auf die von unserem Partner Little Years organisierten Pop-up-Shops im Sommer 2018 nahelegte. Abgesehen davon gibt es nicht viel, was wir anders machen würden, wenn wir die Berliner Messe neu angingen. Immerhin hat die Playtime Berlin es uns ermöglicht, eine engere Bindung zu deutschen Einkäufern herzustellen. Wir werden jeden von ihnen vor der nächsten Ausgabe der Playtime Paris anrufen und nach Paris einladen.
CB: Deutschland scheint weniger trendige KIKO-Designer zu haben als andere Länder.
SDH: „Niemand ist Prophet in seinem eigenen Land.“ Diese Spruchweisheit gilt für deutsche Marken wie für andere. Ich habe keine Erklärung dafür, außer vielleicht, dass die meisten echten Designer den Trends, die sie umgeben, einen Schritt voraus sind.
CB: Wie entwickelt sich Playologie, die nun als „Playtime Online“ firmiert?
SDH: Wir haben nicht nur den Namen geändert, sondern die Plattform neu gestaltet und verbessert. Wir schaffen unter dem Dach von Picaflor Editions ein weltweites Online-B2B-Netzwerk von Messen. Dazu gehören heute bereits Playologie, Playtime Online und Tranoï Online. Es ist ein Konzept, das noch niemand zuvor entwickelt hat, und wir denken, dass wir damit ein wichtiger Akteur auf dem Markt von morgen sein werden. Playtime Online startete mit über 100 Marken und wird bis Januar 2019 mindestens 200 haben.